Die Regierungsbildung steht vor entscheidenden Tagen. An diesem Montag kommen CDU-Delegierte zu einem kleinen Parteitag in Berlin zusammen, um den Koalitionsvertrag zu verabschieden. Parteichef Friedrich Merz werde in Berlin zudem jene Männer und Frauen vorstellen, die für die CDU ins Kabinett gehen sollen, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann der Süddeutschen Zeitung. Die CDU darf laut Koalitionsvertrag sieben der insgesamt 17 Ministerinnen und Minister benennen. Drei Posten gehen an die CSU, sieben an die SPD. CSU-Chef Markus Söder will das Personal der Christsozialen für die kommende Bundesregierung ebenfalls am Montag vorstellen, aber in München. Die CDU stellt zudem den Staatsminister für Kultur und Medien im Kanzleramt. Den Posten soll laut SZ-Informationen der Verleger und Publizist Wolfram Weimer übernehmen.
Die SPD hat sich öffentlich noch nicht festgelegt, wann genau sie ihre Ministerinnen und Minister vorstellen will. „Die SPD entscheidet nach dem Ergebnis des Mitgliedervotums, wer an welcher Stelle Verantwortung übernimmt“, hatte SPD-Chef Lars Klingbeil der SZ gesagt. Der Mitgliederentscheid läuft noch bis Dienstag um 23.59 Uhr. Das Ergebnis soll am Mittwoch bekannt gegeben werden. Die Parteiführung geht davon aus, dass eine Mehrheit für den Koalitionsvertrag stimmen wird. Spätestens am 5. Mai werde die SPD verkünden, wer für sie in ein Kabinett einziehen soll, hatte Klingbeil gesagt. Die Kanzlerwahl im Bundestag ist für den 6. Mai angesetzt.
CDU-Generalsekretär Linnemann hat sich im Gespräch mit der SZ dazu geäußert, warum er abgelehnt hat, Wirtschaftsminister zu werden. „Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich gerne das Arbeits- und Sozialministerium führen würde. Das sind die Themen, für die ich seit vielen Jahren brenne“, sagte Linnemann. „Das hat nicht sollen sein, das Ressort ging an die SPD. So ist es manchmal im Leben.“
Linnemann will nun Generalsekretär der CDU bleiben. In dieser Rolle möchte er die Partei eigenständiger gegenüber der Bundesregierung positionieren als in der Kanzlerschaft von Angela Merkel. „Natürlich muss die Partei den Kanzler und die Regierung unterstützen“, sagte Linnemann. „Aber die Partei muss der Regierung auch mal einen Schubs geben.“ Friedrich Merz habe das in der Zeit von Frau Merkel doch selbst oft verlangt. „Die CDU ist keine Außenstelle der Regierung“, so Linnemann. „Wir dürfen als Partei das Denken nicht wieder verlernen, brauchen als Partei auch mal eigene Hits, müssen auch mal eigene Akzente setzen und einen Schritt vorangehen.“
Auf die Frage, welche drei Dinge eine Regierung Merz jetzt sofort anpacken müsse, sagte Linnemann: „Erstens müssen wir die illegale Migration stoppen – wir müssen die freiwilligen Aufnahmeprogramme beenden und den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte.“ Zweitens müsse man „die neuen Mega-Abschreibungen für Unternehmen auf den Weg bringen und die Energiekosten senken“. Außerdem müsse man die Aktivrente durchsetzen, darum werde er sich persönlich kümmern.
Ministerin Esken? Fürsprecher an der Basis, Zurückhaltung im Vorstand
In der SPD verschärft sich derweil die Personaldebatte um Saskia Esken. Es geht um die Frage, was aus ihr wird: Wird sie Ministerin, bleibt sie Parteichefin, oder muss sie dieses Amt abgeben? Gegen ein Kabinettsmitglied Esken gibt es in Teilen der Partei Vorbehalte. Sie hat allerdings auch Fürsprecher: „Ich halte Saskia Esken absolut für fähig, ein Ministeramt auszuüben“, sagte Maria Noichl der SZ. Noichl ist Europapolitikerin und Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen. Klingbeil selbst hatte auf die Frage, ob auch Esken eine gute Ministerin sein könne, gesagt: „Saskia Esken ist von der Parteibasis gewählte Parteivorsitzende. Am Ende müssen wir ein starkes Team aufstellen.“
In der SPD gibt es Unmut über den Umgang Klingbeils mit Esken. „Der eine vergrößert seine Macht, und die Frau an der Spitze wird abgesägt“, sagte der bayerische Juso-Vorsitzende Benedict Lang der SZ. „Lars Klingbeil zeigt bisher nicht, dass er diesen bodenlosen innerparteilichen Umgang mit Saskia Esken problematisch findet, er lässt das einfach laufen.“
Prominente Sozialdemokraten distanzieren sich symbolisch von Esken. Der rheinland-pfälzische Regierungschef Alexander Schweitzer, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und die bisherige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sprechen sich zwar für einen Verbleib Klingbeils an der Parteispitze aus, bekennen sich aber nicht zu Esken. Das führt beim linken Flügel zu Ärger: „Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Partei mit Unterstützung einiger SPD-Ministerpräsidenten aus dem Hinterzimmer überrumpelt werden soll, sodass Klingbeil am Ende als einzige Option dasteht“, sagte der bayerische Juso-Vorsitzende Lang.