Eskalation im Gazastreifen:Palästinenser sprechen Westerwelle Vermittlerrolle ab

Den siebten Tag in Folge bombardiert Israel Ziele im Gazastreifen. Aus dem Palästinensergebiet werden immer wieder Raketen auf Israel abgefeuert. Außenminister Westerwelle will sich heute in Jerusalem für ein Ende der Gewalt einsetzen - doch die Palästinenser erkennen ihn als Vermittler nicht an.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat Israel im Gaza-Konflikt weitere deutsche Unterstützung zugesichert. Bei einem Gespräch mit Staatspräsident Schimon Peres sagte Westerwelle: "Wir stehen an der Seite unserer Freunde in Israel. Israel hat das Recht, sich selbst und seine Bevölkerung zu verteidigen." Zugleich forderte er weitere Bemühungen, um einen raschen Waffenstillstand oder zumindest eine Feuerpause zu erreichen.

Zentrale Voraussetzung sei jedoch, dass die radikalislamische Hamas ihre Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf Israel einstelle. Peres sprach sich ebenfalls dafür aus, weitere Anstrengungen für einen Waffenstillstand zu unternehmen. "Wir müssen das Schießen beenden und versuchen, wieder Hoffnung auf einen Frieden im Nahen Osten zu bekommen." Im Lager der Palästinenser gebe es jedoch eine Fraktion, die "verrückt und fanatisch" sei. Die Hamas verstoße gegen grundsätzliche Menschenrechte.

Ausdrücklich bedankte er sich für die deutsche Unterstützung. Übereinstimmend betonten Peres und Westerwelle die wichtige Rolle, die Ägypten bei den Bemühungen um eine Einstellung der Kämpfe spiele. Für den deutschen Außenminister standen anschließend noch Treffen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auf dem Programm.

Die Palästinenser hatten zuvor die proisraelische Sicht der Bundesregierung als "oberflächlich und einseitig" kritisiert. "Frau Merkel sieht zwar ein Recht Israels zu agieren, aber offensichtlich sieht sie nicht die Bilder aus dem Gazastreifen", sagte Abdallah Frangi, der persönliche Berater von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der Rheinischen Post. Nach mehr als tausend Luftangriffen der Israelis seien die Zerstörungen auf dem Gebiet von 360 Quadratkilometern "verheerend". Deutschland habe seine Chance verloren, zwischen Israelis und Palästinensern zu vermitteln. Deshalb werde auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bei seiner Nahost-Mission "kein Gewicht" mitbringen. "Wenn man so einseitig proisraelisch handelt, bleibt der Einfluss gering", betonte Frangi.

Israel greift Bank der Hamas an

Die israelischen Streitkräfte haben ihre Luftangriffe auf den Gazastreifen in der Nacht zum Dienstag fortgesetzt. Dabei seien zwei weitere Palästinenser getötet worden, hieß es von palästinensischer Seite. Die Zahl der Palästinenser, die seit Beginn der jüngsten Luftoffensive Israels getötet wurden, sei inzwischen auf 111 gestiegen. Unter den Toten seien 56 Zivilisten. Auf israelischer Seite waren seit Mittwoch drei Tote unter der Zivilbevölkerung zu beklagen.

Nach palästinensischen Angaben griffen israelische Kampfflugzeuge unter anderem das Gebäude einer Bank in Gaza-Stadt an, über die die in dem Palästinensergebiet herrschende radikalislamische Hamas ihre Gehaltszahlungen abwickelt. Mehrere Verletzte seien anschließend in Krankenhäuser gebracht worden, meldete die Nachrichtenagentur Maan. Auch ein Regierungsgebäude und das Haus eines Milizenführers seien angegriffen worden, hieß es. Angriffe wurden auch aus Chan Junis im Süden und Beit Hanun sowie Beit Lahia im Norden des Gazastreifens gemeldet.

Israel erwägt wegen der Raketenangriffe aus dem Gazastreifen eine Bodenoffensive in dem Palästinensergebiet. Westerwelle betonte, in dieser "außerordentlich gefährlichen Lage" müsste alles dafür getan werden, die Voraussetzungen für einen Waffenstillstand zu schaffen.

Israel lehnt Verhandlungen mit den Palästinensern nicht direkt ab, macht aber die Einstellung der Raketenangriffe auf sein Staatsgebiet zur Vorbedingung. "Unser Ziel ist der Frieden", sagte Peres. Doch müsse der Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen, den die Hamas kontrolliert, ein Ende haben. Gegenwärtig hat das Land bereits die Mobilmachung von bis zu 75.000 Reservisten angeordnet.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat Israel hingegen vor einer Bodenoffensive im Gazastreifen gewarnt. Ein derartiger Schritt würde eine "gefährliche Eskalation" des Konflikts darstellen, sagte Ban. Er forderte eine sofortige Waffenruhe zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas. Ban war zuvor mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil Elaraby, in Kairo zusammengekommen. Noch im Verlauf des Tages sollen ihn die Vermittlungsbemühungen nach Israel führen, wo ein Treffen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf der Agenda steht.

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