Erziehung:Geld, Geld, Geld

Städten und Gemeinden fehlen immer mehr Milliarden für Schul- und Kitabau. Dem Personalmangel bei der Kinderbetreuung will Familienministerin Franziska Giffey mit einer "Fachkräfteoffensive" entgegensteuern.

Von Robert Probst/DPA

Für junge Eltern gibt es derzeit nicht viel Grund zur Freude, wenn sie sich Gedanken über die Zukunft ihrer Kinder machen. Täglich gibt es neue Hiobsbotschaften: zu wenige Lehrer in den Schulen, kaum zu findendes Personal für Kleinkinderbetreuung, marode Schul- und Kindergartengebäude und dazu die Berichte über den Geburtenboom in bestimmten Regionen Deutschlands und die zu erwartende immer größere Zahl von Schülern, nicht zuletzt bedingt durch die Flüchtlingszuzüge der vergangenen Jahre. Und das Problem mit den fehlenden Kita- und Schulbauten wird sich nicht verringern, wie nun die KfW-Förderbank in ihrem jüngsten Bericht zum Investitionsstau in Deutschlands Kommunen meldet. Ihr Bericht ist überschrieben mit dem Satz: "Wo sollen all die Kinder hin?" Nach diesen Berechnungen hat die Zahl der Kinder unter sechs Jahren in den vergangenen acht Jahren um 450 000 zugenommen.

Bei Schulen fehlen den Städten und Gemeinden demnach 48 Milliarden Euro. Für Kindertagesstätten fehlen den Kommunen bundesweit weitere 7,6 Milliarden Euro. Damit macht der Bildungsbereich mit zusammen gut 55 Milliarden Euro (Vorjahr: 37,4 Mrd. Euro) inzwischen mit 35 Prozent den größten Teil des Investitionsrückstandes der Kommunen aus. Dieser kletterte nach KfW-Berechnungen insgesamt auf den Höchststand von 158,8 Milliarden Euro. Erheblichen Nachholbedarf gibt es dabei auch bei Straßen und im Nahverkehr. Zwar investieren Städte und Gemeinden seit einigen Jahren allmählich wieder mehr in Schulen und Kitas. Allerdings werde ein Großteil der Ausgaben durch steigende Baupreise regelrecht "aufgefressen", sagte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. "Darüber hinaus behindern Kapazitätsengpässe in der Kommunalverwaltung und besonders der Bauwirtschaft die Planung und Umsetzung weiterer Investitionen." Betroffen seien vor allem größere Städte und Gemeinden - vor allem Süddeutschland und Nordrhein-Westfalen.

Das ernüchternde Fazit der KfW-Ökonomen: Selbst wenn die Kommunen ihre gesamten Investitionsausgaben in Schulen und Kitas stecken könnten, würde der Abbau des gewaltigen Berges fast sieben Jahre dauern. Dabei ist nicht berücksichtigt, dass bestehende Gebäude unterhalten und neue Ganztagsangebote geschaffen werden müssen. Den KfW-Bankern ist klar: "Der gegenwärtige Engpass ist das Ergebnis jahrzehntelanger politischer Entscheidungen und kann nur langfristig abgebaut werden." Investieren um jeden Preis sei nicht das richtige Rezept, aber eine bessere Finanzausstattung der Kommunen notwendig. Die Bundesländer und die Städte hoffen hierfür bekanntlich auf weitere Hilfen vom Bund - der ja den Ausbau von Kitas bereits mit einem Milliardenprogramm unterstützt. Seit 2008 waren das bisher 4,4 Milliarden Euro, dazu kamen Betriebskostenzuschüsse von mehr als sechs Milliarden Euro.

Bei dem anderen Großproblem will nun Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) eingreifen und dem Fachkräftemangel bei der Kinderbetreuung entgegensteuern. "Wir werden zum nächsten Jahr eine Fachkräfteoffensive des Bundes starten", kündigte sie am Dienstag bei einem Kitabesuch in Hannover an, ohne weitere Details zu nennen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach sich für bessere Ausbildungsbedingungen aus: "Für mich ist ein Schlüssel eine verbesserte Ausbildungsvergütung", sagte er. Obwohl sie anspruchsvoll sei, bekämen Erzieher während ihrer vierjährigen Ausbildung keinen Cent. "Da muss man schon sehr fest im Glauben sein, um diesen Weg zu gehen", betonte Weil.

Giffey versprach finanzielle Unterstützung durch das geplante Kitagesetz, das Anfang September im Bundeskabinett beraten wird. Bis zum Jahr 2022 sollen dabei bundesweit 5,5 Milliarden Euro in die frühkindliche Bildung fließen. Niemand solle sich die Frage stellen müssen, ob er sich den Kitabesuch seines Kindes leisten könne. Sie wolle mit jedem Bundesland ausloten, was gebraucht werde. Angesichts eines steigenden Bedarfs müssten Bund, Länder und Kommunen gemeinsam dafür sorgen, den Eltern ein gutes und finanzierbares Kitaangebot zu machen.

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