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Parlamentswahl:Spaniens Konservative erringen absolute Mehrheit

Machtwechsel in Spanien: Die Konservativen von Spitzenkandidat Mariano Rajoy gewinnen die Wahlen und können sich auf eine absolute Mehrheit stützen. Damit verfügt die Volkspartei über eine in der Geschichte der spanischen Demokratie beispiellose Machtballung. Doch der künftige Regierungschef warnt bereits vor übertriebenen Hoffnungen.

Javier Cáceres, Madrid

Spanien ist nach sieben Jahren sozialistischer Regierung fest in der Hand der Rechten. Bei den Parlamentswahlen vom Sonntag errang die konservative Volkspartei (PP) den erwartet klaren Triumph. Spitzenkandidat Mariano Rajoy, der sich zum dritten Mal um das Amt des Ministerpräsidenten bewarb, kann sich im künftigen Abgeordnetenhaus auf eine solide absolute Mehrheit stützen.

Damit verfügt die PP über eine in der Geschichte der spanischen Demokratie beispiellose Machtballung. Sie regiert bereits in der Mehrzahl der Regionen und stellt in mehr als der Hälfte der über 3000 Gemeinden die Bürgermeister. Am Sonntag gewann sie auch die Mehrheit im Senat.

Im Abgeordnetenhaus wird die PP nach Angaben der Behörden nun 186 der 350 Parlamentarier stellen - das entspricht einem Stimmenanteil von mehr als 43 Prozent. "Die PP hat die größte absolute Mehrheit ihrer Geschichte errungen", sagte die Generalsekretärin der Volkspartei, María Dolores de Cospedal.

Die Sozialisten erzielten mit 110 Sitzen (fast 60 weniger als 2008) hingegen ein katastrophales Ergebnis - das schlechteste ihrer jüngeren Geschichte. Im Vergleich zu den letzten Wahlen verloren sie mehr als vier Millionen Stimmen und sackten von knapp 44 auf weniger als 29 Prozent ab. Der scheidende Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hatte nach fast achtjähriger Amtszeit auf eine dritte Kandidatur für die Sozialisten verzichtet und das Feld dem früheren Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba überlassen. Dieser gestand die Niederlage ein.

Starke Stimmengewinne erzielte dagegen die Vereinte Linke (IU), die nach den vorläufigen Ergebnissen elf Sitze errang, mehr als fünfmal so viele wie 2008. Erstmals seit über einem Jahrzehnt werden auch wieder baskische Separatisten im spanischen Parlament vertreten sein. Der neu geschaffene Zusammenschluss Amaiur gewann auf Anhieb sieben Sitze und stieg zur stärksten politischen Kraft im Baskenland auf.

Die Wahl stand völlig im Zeichen der Schulden-, Wirtschafts- und Finanzkrise, die Spanien heftiger getroffen hat als andere Länder Europas. "Ich werde keinen anderen Feind haben als die Wirtschaftskrise", sagte Mariano Rajoy nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses am Sonntagabend. An Europa gerichtet sagte er: "Unsere Stimme muss in Brüssel und Frankfurt wieder gehört werden. Wir werden aufhören ein Problem zu sein, und Teil der Lösung werden."

Rajoy warnte aber auch vor überzogenen Erwartungen. "Wir werden keine Wunder vollbringen", sagte der 56-Jährige. "Wir haben aber auch keine Wunder versprochen." Er wolle Regierungschef aller Spanier sein. "Niemand muss uns fürchten", sagte Rajoy. "Unsere Gegner sind die Arbeitslosigkeit, das Budgetdefizit, die überhöhten Schulden und die wirtschaftliche Stagnation."

In den Tagen vor den Wahlen waren die Zinsen für zehnjährige Anleihen der viertgrößten Volkswirtschaft des Kontinents zeitweise auf den als kritisch geltenden Wert von sieben Prozent gestiegen. Spanien droht in die Rezession abzugleiten. Nach offiziellen Angaben sind mehr als 21,5 Prozent der Erwerbstätigen ohne Arbeit, unter den Jugendlichen ist der Anteil mehr als doppelt so hoch. Die Wahlbeteiligung lag offiziell bei 71,5 Prozent.

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SZ vom 21.11.2011/fran
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