Ersatzfreiheitsstrafe:Kabinett beschließt kürzere Haft bei nicht bezahlter Geldstrafe

Ersatzfreiheitsstrafe: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will die Dauer einer sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe halbieren.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will die Dauer einer sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe halbieren.

(Foto: Chris Emil Janssen/IMAGO)

Wer nach einer Verurteilung nicht zahlen kann, soll dafür nicht mehr so lange ins Gefängnis müssen wie bisher. Mit der Frage, ob das Schwarzfahren künftig keine Straftat mehr sein soll, will sich Justizminister Buschmann 2023 befassen.

Menschen, die in Deutschland nach einer Verurteilung die Geldstrafe nicht zahlen können, müssen als Ersatz ins Gefängnis. Diese sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe kommt oft bei Delikten wie Schwarzfahren zum Tragen. Nun ist zur Ersatzfreiheitsstrafe ein neues Gesetz geplant: Die Zeit hinter Gittern soll halbiert werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Bundesregierung an diesem Mittwoch verabschiedet. Der Entwurf von Justizminister Marco Buschmann (FDP) sieht vor, dass ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe künftig nicht mehr einem, sondern zwei Tagessätzen entsprechen soll. Die Höhe des Tagessatzes orientiert sich grundsätzlich am Einkommen des Beschuldigten.

Der Bundestag muss dem Gesetzentwurf noch zustimmen. Dieses Konzept zur Überarbeitung des Sanktionsrechts befasst sich nicht nur mit der Ersatzfreiheitsstrafe, sondern auch mit dem Thema Strafzumessung. Das Papier sieht vor, dass der Katalog der Gründe, die bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind, erweitert werden soll. Der entsprechende Paragraf des Strafgesetzbuches, in dem bereits "rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende" Motive aufgezählt werden, soll um "geschlechtsspezifische" und "gegen die sexuelle Orientierung" gerichtete Beweggründe ergänzt werden. Damit hätten etwa Männer, die Gewalt gegen Frauen ausüben, weil sie glauben, sie dürften über das Leben der Frau bestimmen, höhere Strafen zu erwarten als bisher. Die Anpassung soll auch für Taten gelten, die sich etwa gegen die trans- oder intergeschlechtliche Identität von Menschen richten.

Strenger gefasst werden sollen die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Ziel der geplanten Änderung ist hier, die Kapazitäten auf Suchtkranke zu konzentrieren, die tatsächlich der Behandlung bedürfen.

Nach dem von Buschmann vorgelegten Entwurf soll nicht erst nach fünf Jahren, sondern bereits nach drei Jahren geschaut werden, wie sich die Zahl derjenigen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen, in Relation zur Anzahl der Geldstrafen entwickelt hat. Außerdem soll geschaut werden, wie sich der neue Umrechnungsmaßstab auf die Zahlungsbereitschaft der Beschuldigten auswirkt.

Deutscher Anwaltverein will, dass Schwarzfahren nicht mehr als Straftat gilt

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hätte sich eine noch weitreichendere Reform des Sanktionsrechts gewünscht. Er plädiert dafür, dass Schwarzfahren nicht mehr als Straftat, sondern nur noch als Ordnungswidrigkeit gilt. Ersatzfreiheitsstrafen sollten abgeschafft "oder zumindest auf Zahlungsunwillige beschränkt werden". Mit der Frage, ob das Schwarzfahren künftig keine Straftat mehr sein soll, beschäftigt sich der Entwurf aber nicht. Laut Buschmann soll die Möglichkeit einer solchen Reform im kommenden Jahr geprüft werden.

Der Deutsche Richterbund sprach sich dafür aus, den Straftatbestand der Beförderungserschleichung auf einen "strafwürdigen Kern" zu beschränken. "Das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Fahrschein sollte nur noch strafbar sein, wenn die Betroffenen Zugangsbarrieren überwinden oder Zugangskontrollen umgehen", sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. Wer in einen Bus oder eine Straßenbahn einsteige, ohne eine Form der Täuschung zu begehen oder einen technischen Schutz gegen Schwarzfahrten zu umgehen, sollte nicht mehr mit Strafe bedroht werden. Für diese Fälle seien die zivilrechtlichen Ersatzansprüche der Verkehrsunternehmen, wie das erhöhte Beförderungsentgelt, ausreichend.

In erster Linie seien die Verkehrsbetriebe selbst gefordert, Schwarzfahrten durch wirksame technische Zugangsbeschränkungen und häufigere Kontrollen effektiver vorzubeugen. Rebehn rechnete vor: "Würde der Straftatbestand wie vorgeschlagen beschränkt, würden im Ergebnis auch die Gefängnisse entlastet, weil zirka ein Viertel aller Ersatzfreiheitsstrafen auf Schwarzfahrten zurückgeht."

Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungStrafrecht
:Gegen diese Reform gibt es keine guten Gründe

Zu viele Menschen treibt es in den sozialen Abgrund, wenn sie wegen nicht bezahlter Geldbußen ins Gefängnis müssen. Justizminister Buschmann will die Ersatzfreiheitsstrafe halbieren. Innenministerin Faeser sollte endlich aufhören zu blockieren.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: