Der Verbrechen folgte der Weltenbrand: Vor 100 Jahren starben Österreichs Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie in Sarajevo durch Pistolenschüsse. Historische Fotos einer verhängnisvollen Reise. Vor 100 Jahren besuchte der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand die bosnische Hauptstadt Sarajevo. Der Habsburger und seine Frau Sophie starben durch ein Pistolenattentat des Serben Gavrilo Princip - Auslöser für eine Krise, die eskalierte und im Ersten Weltkrieg mündete. Im Bild: Mahnmal an dem Ort in Sarajevo, an dem Princip die Schüsse auf den Erzherzog und seine Gattin abgefeuert hat.
Der Thronfolger war zu Manövern nach Bosnien gefahren. Er hatte dunkle Vorahnungen. Wenige Jahre zuvor war die ethnisch gemischt besiedelte Provinz von der österreichischen Donau-Monarchie annektiert worden. Seitdem brodelte es. Im Bild: Der Erzherzog bei seiner Ankunft in Sarajevo.
Franz Ferdinand wollte als Kaiser die Donau-Monarchie reformieren. Den Dualismus von Österreich-Ungarn wollte er um einen südslawischen Reichsteil erweitern, zu dem auch Bosnien gehören sollte. Im Bild: Franz Ferdinand (Mitte) im Kreise von Honoratioren und Militärs kurz vor seiner Ermordung.
Franz Ferdinand wollte die morsche Donau-Monarchie nach der Thronbesteigung reformieren und dachte an eine Föderation, die auch den Slawen in seinem Reich mehr Rechte gebracht hätte. Was serbische Nationalisten verhindern wollten, weil sie selbst von einem südslawischen Großreich träumten - ohne Österreich. Im Bild: Innenhof des Rathauses von Sarajevo, von wo aus Franz Ferdinand seine letzte Fahrt begonnen hat.
Der bosnische Serbe Gavrilo Princip, ein 19 Jahre alter Gymnasiast, wollte ein Attentat auf einen Vertreter der Habsburgermonarchie verüben. Als er erfuhr, dass Erzherzog Franz Ferdinand nach Sarajevo kommen sollte, entschloss er sich, ihn gemeinsam mit einigen Mitverschwörern zu töten. Die serbische Untergrundorganisation "Schwarze Hand" rüstete die jungen Männer mit Revolvern und Handgranaten aus. Im Bild: Attentäter Princip nach seiner Festnahme.
Gemeinsam mit Princip reisten mehrere junge Serben nach Sarajevo, um dem Erzherzog aufzulauern. Zuvor waren Princip und seine Komplizen vom serbischen Geheimdienst mit Waffen ausgerüstet worden: Unter anderem erhielten sie Sprengkörper und Revolver.
Einer der Verschwörer, Nedeljko Čabrinović (l.), warf eine Handgranate auf den offenen Wagen Franz Ferdinands, als der am 28. Juni 1914 vormittags durch Sarajevo fuhr. Es gibt unterschiedliche Darstellungen von dem, was danach geschah. Entweder der Erzherzog wehrte den Sprengkörper mit dem Arm ab, der Chauffeur des Wagens erkannte die Bedrohung und beschleunigte oder die Granate prallte einfach vom Wagen ab. Jedenfalls detonierte sie dann unter einem anderen Wagen des Konvois und verletzte mehrere Menschen.
Angekommen im Rathaus beschwerte sich Franz Ferdinand beim Bürgermeister: "Das ist ja hübsch! Da kommt man zum Besuch in diese Stadt und wird mit Bomben empfangen!" Trotz einiger Bedenken entschied sich der Thronfolger zur Weiterfahrt durch die Stadt, allerdings auf einer anderen Route. Im Bild: Franz Ferdinand und seine Frau Sophie von Hohenberg verlassen das Rathaus. Vor ihnen wartet das Auto, in dem sie fünf Minuten später die tödlichen Schüsse treffen.
Für den Besuch Franz Ferdinands wurden keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Die Stadt sei sicher, glaubte der österreichische Militärstatthalter. Im Bild: Der Wagen des Erzherzogs, angeblich wenige Momente vor den Schüssen.
Der Fahrer, nicht über die neue Route informiert, bog falsch ab, wurde auf den Fehler hingewiesen und begann damit, das Fahrzeug zu wenden. Da trat Princip vor und feuerte Schüsse auf die Insassen. Eine Kugel durchschlug die Beifahrerseite und traf Sophie von Hohenberg tödlich im Bauch. Sie verblutete noch im Wagen. Im Bild: Das Automobil, in dem der Erzherzog und seine Frau starben, ausgestellt im Heeresgeschichtlichen Museum Wien.
"Sopherl, Sopherl, stirb nur nicht. Bleib mir für meine Kinder", soll Franz Ferdinand zu seiner Frau gesagt haben. Ein zweites Projektil traf ihn selbst am Hals und zerfetzte eine Vene und die Luftröhre. Seine letzten Worte waren: "Es ist nichts." Im Bild: Blutgetränkte Uniform des Erzherzogs.
Dann verlor Franz Ferdinand das Bewusstsein und starb wenige Minuten später auf einem Sofa. Das Sofa, die blutbefleckte Uniform und andere persönliche Gegenstände des Thronfolgers sind heute im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien ausgestellt. Dazu ist ein Gemälde zu sehen, das Franz Ferdinand mit Orden darstellt, die ihm nur als Kaiser zugestanden wären.
Princip versuchte nach seiner Tat erfolglos, sich zu erschießen, dann mit Zyankali zu vergiften. Nur mit Mühe konnten Uniformierte einige Zuschauer davon abhalten, den Attentäter zu lynchen. Im Bild: Princip (2 v.re.) bei seiner Festnahme.
Unmittelbar nach den Morden wurden Vorwürfe aus Wien laut: Österreich warf Serbien vor, hinter dem Anschlag zu stecken. Tatsächlich wussten zumindest einige Funktionsträger der serbischen Führung davon, dass der Geheimdienst Franz Ferdinand ermorden wollte. Im Bild: Die aufgebahrten Leichname von Franz Ferdinand und Sophie von Hohenberg.
Die Nachricht von dem Attentat ging um die Welt. In Österreich-Ungarn hielt sich die Trauer in Grenzen. Franz Ferdinand galt als ruppig, außerdem wollte er den Einfluss Ungarns nach seiner Amtsübernahme zurückdrängen, was ihm in Budapest viele Feinde gemacht hatte. Im Bild: Meldung über den Doppelmord von Sarajevo in der Londoner Times.
Auch der greise Onkel des Erzherzogs, Kaiser Franz Josef I., hatte seine Differenzen mit Franz Ferdinand gehabt. Der Monarch war gegen die nicht standesgemäße Ehe des Erzherzogs gewesen. Im Bild: Der österreichische Kaiser und ungarische König Franz Josef I. (1830-1916)
Wohl aus diesem Grund fielen die Trauerfeierlichkeiten für die Ermordeten ungewöhnlich klein aus. Da Ehefrau Sophie wegen ihrer nicht-hochadeligen Herkunft nicht zum Kaiserhaus gehören durfte, wurden sie und Franz Ferdinand in der Gruft des Schlosses Artstetten bestattet.
Die Kriegstreiber in der österreichischen Führung sahen das Attentat als willkommenen Anlass, gegen Serbien Krieg zu führen. Deutschland gab Österreich uneingeschränkte Rückendeckung und plante selbst einen großen Krieg gegen Serbien, dessen Schutzmacht Russland und den Erbfeind Frankreich - in Paris und Sankt Petersburg gab es ebenfalls Scharfmacher. Wien stellte Belgrad ein nahezu unannehmbares Ultimatum. Am 28. Juli - einen Monat nach dem Attentat - gab Kaiser Franz Joseph sein Plazet zum Krieg. Im Bild: Die Kaiservilla in Bad Ischl. Hier unterzeichnete Kaiser Franz Joseph I. am 28. Juli 1914 die Kriegserklärung an Serbien.
Durch Bündnissverpflichtungen wurde ein Land nach dem nächsten hineingerissen in den Konflikt, der in einem bis dahin nicht gekannten Blutvergießen enden sollte: dem Ersten Weltkrieg. Im Bild: Titelblätter des Prager Tagblatt vom 29. Juli 1914 und der Klagenfurter Zeitung vom 1. August 1914 mit Nachrichten zum Kriegsausbruch und der Mobilmachung der Streitkräfte.
Den Schüssen des Gavrilo Princip auf Franz Ferdinand und seine Frau folgte ein vier Jahre währendes Gemetzel auf mehreren Kontinenten. Mehr als 17 Millionen Menschen fanden den Tod. Der Attentäter überlebte den Weltkrieg nicht: Princip starb im Frühjahr 1918 als Häftling in der Festung Theresienstadt an Tuberkulose. Im Bild: Serbische Soldaten in einer Feuerstellung im Kampf gegen Einheiten von Österreich-Ungarn.