Ermittlungen zu Helfern der Zwickauer Terrorzelle:Neuntausend braune Gigabyte

Dass 30 Jahre lang nichts über die enorme Gewaltlogistik der rechten Terrorszene bekannt wurde, muss vor allem der Verfassungsschutz verantworten - weil jedes einzelne Bundesland alleine vor sich hin wurstelte. Die Ermittlungen auf Bundesebene führen jetzt immer neue Verwicklungen der NPD zu Tage. Darauf könnte ein neuer Verbotsantrag aufbauen.

Heribert Prantl

Zwanzig Jahre lang, seit dem Attentat auf das Oktoberfest von 1980, galten rechtsextreme Gewalttäter als Einzeltäter. Als die Einzeltäter immer zahlreicher wurden, hieß es weitere zehn Jahre lang, es ließen sich aber keine Verbindungen zwischen diesen Einzeltätern nachweisen.

Seit zwei Monaten wird nun mehr und mehr über diese Verbindungen bekannt: Aber jetzt ist es sehr spät. Rechtsextremisten sind in Deutschland herumgefahren und haben ihre zehn Opfer mit Schüssen ins Gesicht liquidiert.

Zwei Hauptverdächtige haben sich umgebracht, gegen 13 Beschuldige wird ermittelt, fünf sitzen wegen Mord und Beihilfe zum Mord in Untersuchungshaft, seit Mittwoch noch ein weiterer Beschuldigter. Bei zweien von ihnen handelt es sich um frühere Funktionäre der NPD. Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt entdecken Woche für Woche neue Knoten im Netzwerk der braunen Gewalt. 7000 Beweisstücke, 2000 Spuren und 800 Hinweise aus der Bevölkerung gibt es.

Das BKA wertet derzeit gut 9000 Gigabyte Festplattenmaterial aus; das entspricht, so die laienhafte Umrechnung, einer Million Aktenordner. Es bewähren sich die auf Bundesebene konzentrierten Ermittlungen. Man mag sich nicht vorstellen, wie es aussähe, wenn jedes einzelne Bundesland ermittelnd vor sich hin wursteln würde, wie das bei der Arbeit des Verfassungsschutzes bis heute der Fall ist. Dass 30 Jahre lang über braune Gewaltlogistik nichts bekannt wurde, muss vor allem dieser Inlandsgeheimdienst verantworten.

Aus den weiteren Ermittlungen der Bundesanwaltschaft ergeben sich womöglich weitere Verbindungen zwischen NPD und Gewalt. Darauf kann dann ein Verbotsantrag aufbauen.

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