Fassungslos registrierte nicht nur Wulff, der sich in diesen Tagen in Marokko aufhält, dass der Generalstaatsanwalt, der die Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaft Hannover hat, übergriffig wirkte.
Zwar seien Details aus vertraulichen Ermittlungsakten nach draußen gelangt, sagte Lüttig, aber es "gebe keinen Hinweis, dass Informationen von den Ermittlungsbehörden durchgesteckt wurden". Zum Kreis möglicher Informanten gehörten die Verteidiger. Die Strafverfolger jedenfalls hätten sich "bemüht, keine Informationen nach draußen dringen zu lassen".
Was da ablief, hat den Bonner Juristen Gernot Fritz dazu gebracht, im vergangenen Jahr eine Strafanzeige wegen des Vorwurfs der Verletzung des Dienstgeheimnisses auf den Weg zu bringen, die er im Zuge von Recherchen immer weiter präzisierte.
Fritz, der im Verfassungsrecht bei Fritz Ossenbühl promoviert hat, ist ein konservativer Mann. Er ist Reserveoffizier, war Syndikusanwalt bei einem Unternehmerverband und stellvertretender Chef des Bundespräsidialamtes, als Roman Herzog Staatsoberhaupt war. Er kennt Wulff nicht persönlich; er hat über Rechte und Pflichten des Bundespräsidenten geschrieben.
Die Behandlung des Falles Wulff durch die niedersächsische Justiz hat Fritz auf die Barrikaden getrieben. Er hat all die Ungereimtheiten, all die Spuren zusammengetragen und über allem stand seine Vermutung, dass die Verteidiger wohl nicht die Informanten gewesen sein könnten. Alle wesentlichen Enthüllungen während der Ermittlungen zielten auf Wulff, schadeten Wulff. Cui bono?
Nun kann die Frage, wer Quelle ist, nicht immer nach den Regeln sittenstrenger Römer beantwortet werden. Aber im Fall Wulff war es wohl so. Wem sollten die Enthüllungen nützen? Wulff wohl nicht: Jedes Wochenende wurde er wieder vor die Wand geführt.
Fritz hat die Staatsanwaltschaft Göttingen auf eine wichtige Spur gebracht. Ein Schreiben aus den Februartagen 2012, das nur dem Justizministerium und möglicherweise der Staatsanwaltschaft vorlag, soll frühzeitig an Medien gelangt sein, die Wulff verfolgten.
Auch hatte ein Mann aus dem bayerischen Eching im Frühsommer 2013 einer Strafanzeige wegen Geheimnisverrats eine Kopie dieser vertraulichen Korrespondenz beigefügt, die er angeblich von einem Journalisten bekommen hatte. Er bekam 2013 Besuch von Fahndern aus Hannover und aus Bayern, die einen Durchsuchungsbeschluss vom Amtsgericht Hannover dabei hatten. Die Strafverfolger nahmen die Dokumente mit.
Der Ministerialdirektor a.D. Fritz findet es "pikant", dass gegen jemanden, der den Fall aufklären wollte, ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt worden war, "während die durch die beschlagnahmten Dokumente belasteten" Personen unbehelligt geblieben seien.