Ermittlungen gegen Gerry Adams:Sinn-Féin-Chef wegen Mordfalls von 1972 festgenommen

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Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams (hier in New York im Jahr 2009) ist wegen eines Mordfals aus dem Jahr 1972 festgenommen worden. (Foto: REUTERS)

Gerry Adams, Chef der nationalistischen Sinn-Féin-Partei in Nordirland, ist festgenommen worden - im Zusammenhang mit dem Mord an einer zehnfachen Mutter im Jahr 1972. Die IRA verdächtigte die Frau, ein Spitzel zu sein. Adams bestreitet eine Mitschuld an der Tat.

Der frühere IRA-Aktivist und heutige irische Parlamentarier Gerry Adams ist im Zusammenhang mit einem Mord vor mehr als 40 Jahren festgenommen worden. Das teilten nach Angaben des britischen Guardian und der BBC die Partei und die nordirische Polizei mit. Adams, der Chef der nationalistischen Sinn-Féin-Partei in Nordirland ist, werde zu einem Mordfall von 1972 verhört, so die Sinn Féin.

Es geht um die damals 37-jährige Jean McConville, die 1972 entführt und ermordet worden war. Adams habe der nordirischen Polizei bereits vor einem Monat mitgeteilt, dass er bereit sei, im Fall McConville auszusagen, teilte die Sinn Féin mit. Die Sinn Féin ist der politische Arm der nordirischen Untergrundorganisation Irisch-Republikanische Armee (IRA), die drei Jahrzehnte lang gewaltsam für den Anschluss Nordirlands an die mehrheitlich katholische Republik Irland kämpfte, bevor sie 2005 offiziell die Abkehr von der Gewalt verkündete.

Die zehnfache Mutter McConville wurde aus ihrer Wohnung im Westen von Belfast entführt. Ihre Leiche wurde erst 2003 am Strand in County Louth gefunden. Nach Angaben des Guardian hat die IRA schon 1999 zugegeben, die Frau getötet zu haben, weil sie verdächtigt wurde, eine Informantin zu sein.

Universität in Boston gab den Anstoß

Die Polizei beschuldigt Adams, am Mord an McConville beteiligt gewesen zu sein. Adams, der zum Tatzeitpunkt in den Führungszirkeln der IRA tätig war, bestreitet jede Mitveranwortung in dem Fall. Adams betonte kurz vor Betreten der Polizeiwache, er sei freiwillig gekommen, die Vorwürfe gegen ihn seien haltlos.Er habe sich zwar nie von der IRA losgesagt und werde das nie tun, aber mit der Entführung und Tötung der Frau habe er nichts zu tun. Er bezeichnete die Ermordung McConvilles als "schwerwiegende Ungerechtigkeit". "Ich bin in jeder Hinsicht unschuldig, was die Entführung, Ermordung oder Bestattung von Frau McConville angeht", erklärte Adams.

Die Ermittlungen in dem Mordfall hatten zuletzt Fortschritte gemacht, nachdem eine Universität in Boston den britischen Behörden Interviews mit früheren Rebellen zur Verfügung gestellt hatte. Die Dokumente sollten erst nach dem Tod der Befragten veröffentlicht werden, aber ein US-Gericht zwang die Hochschule im vergangenen Jahr, Aussagen zu dem Fall herauszugeben.

Adams hatte sich in der 60er Jahren der IRA angeschlossen. Später wandte er sich der Politik zu und zog 1983 für den katholischen Wahlkreis West-Belfast ins britische Unterhaus ein. Zehn Jahre später bereitete er gemeinsam mit dem nordirischen Sozialdemokraten John Hume den 1994 deklarierten IRA-Waffenstillstand vor.

Seine Partei kritisiert die Festnahme von Gerry Adams. Die Festnahme sei politisch motiviert und solle der Partei schaden, sagte die stellvertretende Vorsitzende Mary Lou McDonald.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/ipfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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