Ermittlungen:Bundesanwaltschaft ermittelt zu Anschlag von Würzburg

  • Der Bundesanwaltschaft zufolge besteht der Verdacht, "dass der Attentäter die Tat als Mitglied des sogenannten Islamischen Staats zielgerichtet begangen hat".
  • Bundesinnenminister de Maizière fordert schärfere Sicherheitsmaßnahmen.
  • Das Terrorrisiko sei bei Flüchtlingen "nicht größer und nicht kleiner" als in der übrigen Bevölkerung, sagt Kanzleramtsminister Altmaier.

Nach dem Axt-Angriff eines 17-Jährigen in einem Regionalzug bei Würzburg hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Es bestehe der Verdacht, "dass der Attentäter die Tat als Mitglied des sogenannten Islamischen Staats zielgerichtet begangen hat", teilte die Behörde mit. Vor diesem Hintergrund sei zu klären, ob weitere bislang unbekannte Tatbeteiligte oder Hintermänner in die Tat eingebunden waren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach derweil den Opfern des Attentats ihr Mitgefühl aus. "Die ganze Anteilnahme der Bundeskanzlerin gilt den Opfern dieses Anschlags, der Familie aus Hongkong genau wie den deutschen Verletzten", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Wir denken an sie und hoffen für sie und mit ihnen auf Genesung, körperliche wie seelische."

Merkel habe sich in den vergangenen Tagen sehr ausführlich "über diesen tragischen Fall und den Stand der Ermittlungen" informiert. Ihr Dank sowie der Dank der gesamten Bundesregierung gelte den beteiligten Polizisten, den Ärzten, den Ersthelfern. Sie hätten alles getan, um die Bevölkerung vor weiterer Gefahr zu schützen und um den Schwerverletzten so rasch wie möglich zu helfen, sagte Seibert. Den Ermittlern bleibe weiterhin viel Arbeit. "Wir alle sollten sie in dieser Arbeit unterstützen, damit die richtigen Schlüsse gezogen werden können aus diesem in jeder Hinsicht schockierenden Angriff mit so fürchterlichen Folgen", sagte der Regierungssprecher.

De Maizière: Würzburg ein Fall "zwischen Amoklauf und Terror"

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einem Einzeltäter, der sich durch die Propaganda der Terrormiliz Islamischer Staat "angestachelt" gefühlt hat. Das Bekennervideo enthalte keine Hinweise auf eine Anordnung des IS, sagte de Maizière.

"Es ist vielleicht auch ein Fall, der im Grenzgebiet zwischen Amoklauf und Terror liegt", sagte de Maizière. Er sprach von einem "brutalen Akt wahlloser Gewalt". Nicht bei allen Opfern stehe fest, ob sie überleben würden.

"Die Hintergründe der Tat müssen weiterhin aufgeklärt werden", sagte der Minister. Er sprach sich für mehr Videoüberwachung, mehr Polizei, und besseren Schutz der Polizeibeamten aus. Er betonte, der Staat tue alles, um Anschläge zu verhindern. "Aber eine Garantie gibt es aber trotzdem leider nicht."

Altmaier zur Terrorgefahr in Deutschland

Kanzleramtsminister Peter Altmaier sagte, die Terrorgefahr erhöhe sich nicht durch die Anwesenheit von Flüchtlingen. Das hätten die Untersuchungen aus den vergangenen zwölf Monaten gezeigt, sagte der CDU-Politiker im ZDF. Die Risiken seien "nicht größer und nicht kleiner" als in der übrigen Bevölkerung, ergänzte der für die Geheimdienste und die Koordination der Flüchtlingspolitik zuständige Minister. "Die meisten Terroristen, die in den letzten Monaten in Europa Anschläge begangen haben, waren keine Flüchtlinge, sondern Menschen, die hier geboren und hier aufgewachsen sind."

Forderung nach Islamunterricht an Schulen

Bei dem 17-jährigen Täter handelt es sich um einen Flüchtling. Derzeit bestehen Zweifel, ob er tatsächlich wie bisher angenommen aus Afghanistan stammt. Bekannte beschreiben ihn als freundlich und offen. Der junge Mann war in einer Pflegefamilie untergebracht und hatte Aussicht auf eine Ausbildung. Warum er dennoch eine solche Tat beging, darüber rätseln nun die Behörden (mehr dazu hier).

Der Angriff auf Passagiere eines Zuges in Würzburg war islamistisch motiviert. Offensichtlich hatte sich der Täter selbst radikalisiert. Vertreter der Kommunen fordern deswegen die allgemeine Einführung von Islamunterricht an staatlichen und halbstaatlichen Schulen. "Es ist angemessen, Islamunterricht auch an staatlichen oder staatlich kontrollierten Schulen anzubieten", sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, der Rheinischen Post. Dadurch gewinne der Staat mehr Kontrolle über die Erziehung muslimischer Jugendlicher.

Zuvor hatten auch führende Kirchenvertreter gefordert, den Islamunterricht an Schulen verpflichtend zu machen, um den Einfluss der oft aus dem Ausland kommenden Imame in den Moscheen auf Jugendliche einzudämmen.

SPD fordert Aufstockung der Sicherheitskräfte

Die SPD geht von einer fortdauernden Bedrohung durch Anschläge wie auf den Zug in Würzburg aus. "Diese Art von Terror bleibt in den nächsten Jahren unser ständiger Begleiter", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, der Rheinischen Post. Umso wichtiger seien verstärkte Anstrengungen für Präventions- und Deradikalisierungsprogramme, ein Präventionsgesetz sowie "weitere erhebliche Personalaufstockungen bei unseren Sicherheitsbehörden um mindestens 3000 Stellen", sagte Lischka.

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