Erleichterungen für Wiederverheiratete:Kirche geht auf geschiedene Katholiken zu

Wenn Katholiken nach einer gescheiterten Ehe noch einmal heiraten, dürfen sie keine Sakramente mehr empfangen und müssen aus dem kirchlichen Dienst entlassen werden. Nun sollen Erleichterungen für Wiederverheiratete im katholischen Arbeitsrecht geprüft werden.

Matthias Drobinski

In die Frage, wie die katholische Kirche in Deutschland mit Geschiedenen umgeht, die wieder heiraten, kommt Bewegung. Die Bischöfe werden ein Gremium einsetzen, das die kirchliche Grundordnung überarbeiten soll, sagte Robert Zollitsch, der Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, zum Abschluss eines Dialogtreffens mit 300 Vertretern aus den Bistümern, Verbänden, Priester- und Ordensgemeinschaften.

Beim Arbeitsrecht sehe er "Spielraum", erklärte Zollitsch, es müsse nicht so eng mit Rom abgesprochen werden. Katholiken, die nach der Scheidung wieder heiraten, sind vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen. Sie müssen auch aus dem kirchlichen Dienst entlassen werden, da sie nach katholischer Vorstellung in andauernder Sünde leben.

Auf dem zweitägigen Treffen in Hannover, das am Samstag endete, zeigte sich, wie breit die Kritik daran auch innerhalb der katholischen Kirche ist. Obwohl sich das Forum eigentlich mit der politischen und sozialen Verantwortung der Kirche in Staat und Gesellschaft beschäftigen sollte, kam aus fast allen Arbeitsgruppen der Wunsch, dass die Kirche ihre als unbarmherzig empfundenen Regelungen ändern solle. Mehrere Caritas-Direktoren erklärten, es gebe hier dringenden Handlungsbedarf. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke sagte, ihm sei "wichtig, dass wir unsere Regeln im Arbeitsrecht anpassen und nicht so brutal reagieren."

Bereits am Freitag hatte sich der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode für eine "Pastoral der Nähe" zu Menschen aus gescheiterten Ehen ausgesprochen; sein Essener Amtskollege Franz-Josef Overbeck hatte dafür plädiert, dass die katholische Kirche stärker als bisher die Menschen in ihren verschiedenen Lebenssituationen wahrnehme - auch homosexuelle Lebensgemeinschaften.

Zahlreiche Delegierte sprachen sich auch für eine Versöhnung der Bischöfe mit dem Verein "Donum Vitae" aus, der die Schwangerschaftskonfliktberatung weiterführt, aus der die Bischöfe auf Geheiß des Papstes aussteigen mussten. Auch eine positive Wahrnehmung der Sexualität wurde gefordert.

Erzbischof Zollitsch würdigte die Gesprächsatmosphäre des Treffens. Er kündigte an, dass sich die Bischöfe im kommenden Frühjahr mit der Rolle der Frauen in der katholischen Kirche beschäftigen würden. Alois Glück, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, lobte die Offenheit der Diskussion: "Viele dieser Themen waren vor eineinhalb Jahren noch völlig tabuisiert", sagte er. Nun müssten geschiedenen Wiederverheirateten konkret neue Wege geöffnet werden. Anderenfalls "käme es zu einer Abwendung vieler Menschen von der Kirche".

Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" nannte es bemerkenswert, dass die Bischöfe "einige der drängenden Reformthemen konkret angesprochen" hätten. Kritik kam vom konservativen "Forum Deutscher Katholiken": Die "Reizthemen" hätten mit dem Thema der Tagung nichts zu tun gehabt.

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