Die Deutschen und die NS-ZeitDie dunklen Ecken der Erinnerungskultur

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Erinnern ja, aber woran genau? Zum Gedenktag für die Opfer des Holocausts ist das Brandenburger Tor am 27. Januar mit dem Schriftzug „We Remember“ beleuchtet.
Erinnern ja, aber woran genau? Zum Gedenktag für die Opfer des Holocausts ist das Brandenburger Tor am 27. Januar mit dem Schriftzug „We Remember“ beleuchtet. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die meisten Deutschen halten sich 80 Jahre nach Kriegsende zugute, sich der Vergangenheit gestellt zu haben. Mitnichten, sagen die Autoren zweier neuer Bücher. Sie handeln von Selbstgefälligkeit, Selbsttäuschung und vom Unwillen zu trauern.

Rezension von Sebastian Schoepp

Deutschland, so stellt Wolfgang Benz fest, hat eine Erinnerungskultur hervorgebracht, für die es „sich von aller Welt feiern lässt“. Die skeptische Formulierung legt schon nahe, was folgt in seinem Buch über die „Zukunft der Erinnerung“, in der der Historiker die Bemühungen bilanziert, mit deren Hilfe Deutschland seit 1945 versucht hat, der Erblast von Diktatur, Massenmord und Kulturbruch einigermaßen gerecht zu werden. Es ist eine phasenweise erfrischend zornig vorgetragene Mängelliste, von der Kolonialzeit über die NS-Gewaltherrschaft bis zur DDR-Geschichte, wo Erinnerung sich laut Benz in Nostalgie und „schaurigen Attraktionen des Fremdenverkehrs“ erschöpft. Ein „reflektierter Umgang“ mit den Gründungsmythen und Zielen der DDR habe eher nicht stattgefunden, wie auch die „beispiellose Leistung“ der DDR-Bürger 1989 verschwunden sei unter „westlicher Arroganz“. Die sich verschärfende „politische Radikalisierung rechts außen“ steht für Benz auch „für den späten Verdruss, der aus dem Gefühl der Niederlage durch die Wende“ entstanden sei.

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