Bilanz des Nato-Einsatzes in Libyen:Einmaliger Erfolg - dank Gaddafi

Die Nato hat in Libyen alles richtig gemacht. Sie hat den Verdacht widerlegt, bei dem Einsatz von imperialen Interessen getrieben zu sein und erfolgreich mit den arabischen Ländern zusammengearbeitet. Dieser Schulterschluss war allerdings einmalig - ein Erfolgsrezept lässt sich daraus nicht ziehen.

Martin Winter

Mit ein wenig Glück, mit viel Feuerkraft und mit politischem Geschick hat die Nato ihr libysches Abenteuer bestanden. Sie hat den Aufständischen zum Sieg verholfen, ohne sich in Bodenkämpfe hineinziehen zu lassen. Trotz täglicher Luftangriffe gab es kaum zivile Opfer, das Bündnis selber hat keine Verluste zu beklagen.

Bilanz des Nato-Einsatzes in Libyen: Menschen in der libyischen Hauptstadt Tripolis bejubeln den Tod des ehemaligen Machthabers Gaddafi.

Menschen in der libyischen Hauptstadt Tripolis bejubeln den Tod des ehemaligen Machthabers Gaddafi.

(Foto: AP)

Der größte Erfolg der Allianz aber ist der politische. In Libyen hat sie den Verdacht widerlegt, von imperialen Interessen getrieben zu sein. Langfristig wird sich das für den Westen in Nordafrika und in der arabischen Welt auszahlen. Es war eine gute Idee, den militärischen Einsatz davon abhängig zu machen, dass die Arabische Liga ihm zustimmt, dass sich arabische Luftstreitkräfte beteiligen und dass die arabische Welt Mitverantwortung übernimmt.

Trotz der gelungenen Operation in Nordafrika sollte die Nato der Versuchung widerstehen, sie als Blaupause für künftige Einsätze zu nehmen. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Bündnisses war der Mann, dessen Tod jetzt das Ende des Krieges markiert: Muammar al-Gaddafi.

Nur weil der Diktator neben seinem Volk auch die Regierungen fast aller arabischen und muslimischen Länder so gegen sich aufgebracht hatte, dass sie ihn unbedingt weg haben wollten, unterstützten sie die Nato. Diese ungewöhnliche Koalition der Willigen aus dem Orient und dem Okzident wird sich nicht wiederholen lassen.

Die Mission hätte auch scheitern können

Denn während Gaddafi schon kurz nach Beginn des Aufstandes komplett isoliert war, ist etwa Syrien ein ganz anderer Fall. Dessen Machthaber geht genauso brutal gegen sein Volk vor. Aber in Syrien prallen viele geostrategische Interessen aufeinander: türkische, iranische, libanesische, saudi-arabische und israelische. Unter diesen Ländern wird es keinen Konsens geben, gemeinsam und möglicherweise sogar unter Mithilfe der Nato gegen Damaskus vorzugehen. Selbst wenn es zum bewaffneten Aufstand gegen Assad kommen sollte, wird der Westen außer mit politischen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen das Regime in Damaskus kaum aushelfen können.

Nüchtern betrachtet ist auch jene Lehre von nur beschränktem Wert, wonach es für die Allianz ratsam ist, bei Einsätzen jenseits ihres eigentlichen Gebietes den militärischen und politischen Schulterschluss mit den Ländern der betroffenen Region zu suchen. Auch in Afghanistan hat die Nato viele willige Koalitionäre, aber nur sehr wenig Erfolg.

Eine wichtige Erkenntnis hält Libyen für die Nato dennoch bereit: Das größte Militärbündnis der Welt ist selbst auf einen so überschaubaren Krieg schlecht vorbereitet. Hätten die USA, die die Führung des Einsatzes ihren europäischen Alliierten überließen, nicht mit hochmodernen Waffen und Kriegstechnik ausgeholfen, hätte die Mission durchaus scheitern können. Die Europäer sind für solche Einsätze nicht ausreichend gerüstet. Nach Libyen ist es für sie an der Zeit, dem abzuhelfen.

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