Präsidentschaftswahl:Türken in Deutschland stimmen mehrheitlich für Erdoğan

Präsidentschaftswahl: Anhänger des türkischen Präsidenten Erdoğan feiern dessen Wahlsieg am Sonntag in Duisburg mit einem Autokorso.

Anhänger des türkischen Präsidenten Erdoğan feiern dessen Wahlsieg am Sonntag in Duisburg mit einem Autokorso.

(Foto: Christoph Reichwein/DPA)

Dass der Präsident hierzulande mehr Zustimmung genießt als in der Türkei, hat Tradition. Mit Autokorsos, etwa in Duisburg und München, feiern die Erdoğan-Anhänger das Wahlergebnis.

Die in Deutschland lebenden Türkinnen und Türken wählen mehrheitlich Erdoğan - daran hat sich auch bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl nichts geändert. Der Amtsinhaber kommt bei der Wählerschaft in Deutschland auf knapp 67 Prozent der Stimmen, wie die regierungsnahe türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtet. Die Zahl bezieht sich auf einen Auszählungsstand von knapp 95 Prozent der Wahlurnen. Offizielle Zahlen der türkischen Wahlbehörde liegen allerdings noch nicht vor.

Eine Ausnahme bildet Berlin; hier lebt die größte türkische Community außerhalb der Türkei. Etwas mehr als 100 000 Menschen waren bei dieser Wahl wahlberechtigt. Wie der Sender RBB berichtet, zeigt sich ein gespaltenes Bild. 50 Prozent der Wählerinnen und Wähler hätten für Erdoğan gestimmt, 49 Prozent der Stimmen entfielen auf seinen Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu .

Dass Erdoğan hierzulande besser abschneidet als in der Türkei hat Tradition. In Deutschland sind rund 1,5 Millionen Deutschtürken wahlberechtigt. Sie stimmten bei der Stichwahl - wie beim ersten Wahlgang - nicht am Wahltag am Sonntag, sondern bereits einige Tage vorher ab. Bis zum vergangenen Mittwoch mussten sie ihre Stimmen abgegeben haben.

Protesthaltung wegen Diskriminierungserfahrungen

Fachleuten zufolge lässt sich die große Zustimmung, die Erdoğan in der türkischen Gemeinschaft genießt, zum einen wählersoziologisch erklären: Die Arbeitsmigranten aus der ersten Generation, die aus dem anatolischen Kernland der Türkei nach Deutschland einwanderten, waren mehrheitlich von gesellschaftlich konservativen und traditionell religiösen Einstellungen geprägt. An dieser Prägung hat sich auch über die Jahrzehnte nicht allzu viel geändert.

Erdoğans Regierungspartei AKP hat heute gute Strukturen in Deutschland. In vielen türkischsprechenden Haushalten werden vor allem staatlich kontrollierte Medien aus der Türkei konsumiert, die meist sehr Erdoğan-freundlich berichten. Laut Yunus Ulusoy vom Zentrum für Türkeistudien gibt es außerdem vor allem bei den jüngeren Wählerinnen und Wählern in Deutschland eine Art Protesthaltung aufgrund von Diskriminierungserfahrungen. Sie neigen daher dazu, einen Präsidenten zu wählen, der selbstbewusst auf die Eigenständigkeit der Türkei pocht.

Wie groß die Zustimmung für den türkischen Präsidenten ist, lässt sich am Sonntagabend beispielsweise in Duisburg oder München beobachten. Dort formieren sich Autokorsos der Erdoğan-Anhänger "Es sind viele Leute unterwegs. Es herrscht eine gewisse freudige Aufgeregtheit", sagt ein Sprecher der Duisburger Polizei. Es seien mehrere Hundert Fahrzeuge und mehrere Hundert Personen zu Fuß unterwegs. Man greife "mit viel Fingerspitzengefühl" ein und versuche vor allem, durch Ab- und Umleitungen die Straßen für den Verkehr freizubekommen, sagte er. Vereinzelt sei auch Pyrotechnik gezündet worden. Einen ähnlichen Korso gibt es in München. Viele Mercedes-Fahrzeuge mit türkischen Flaggen sind zu sehen, wie sie über die Leopoldstraße in Schwabing fahren.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Erdoğan zur Wiederwahl gratuliert. "Nun wollen wir unsere gemeinsamen Themen mit frischem Elan vorantreiben", schrieb der SPD-Politiker auf Twitter. Außerdem würdigte der Kanzler die Zusammenarbeit Deutschlands mit der Türkei. Beide Länder seien "enge Partner und Alliierte - auch gesellschaftlich und wirtschaftlich sind wir stark miteinander verbunden".

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