Nun ist Recep Tayyip Erdoğan auf dem Gipfel seiner Macht angekommen - und es wird ihm nicht genügen. Der charismatische Aufsteiger aus einem Istanbuler Armenviertel hat es geschafft, ins höchste Staatsamt gewählt zu werden. Das war Erdoğans Traum, dafür hat er selbst seinen Weggefährten, den bisherigen Amtsinhaber Abdullah Gül, politisch geopfert und das 76-Millionen-Volk polarisiert wie vor ihm kein Zweiter.
Türkei:Wahlsieger Erdoğan verspricht eine "neue Ära"
In Ankara jubeln Tausende Anhänger ihrem künftigen Präsidenten zu: Recep Tayyip Erdoğan hat die Wahl in der Türkei mit gut 52 Prozent der Stimmen gewonnen. In seiner Rede verspricht er seinem Land einen Neuanfang.
Das Präsidentenamt, wie es die Verfassung vorsieht, taugt dem Populisten und Polarisierer eigentlich gar nicht. Deshalb will er nun das türkische System umbauen, wie er bereits Istanbul, die heimliche Hauptstadt des Landes, umgraben lässt. Aus der Türkei soll eine Präsidialdemokratie werden wie Amerika. Das muss nicht das Schlechteste sein. Nur: Dem türkischen Zentralismus sind checks and balances nach US-Vorbild wesensfremd. Es gibt kein Zweikammer-Parlament in Ankara, und auch sonst ist die Macht nirgends balanciert, sondern nur konzentriert. Dann eben beim Präsidenten.
Erdoğan hat viel geleistet in elf Regierungsjahren als Premier, er hat viele Türken stolz auf ihr Land gemacht. Aber er jagt mit seinem Streben nach der absoluten Macht und seinem Furor gegen jeden politischen Gegner vielen auch Angst ein. Das Ergebnis der Präsidentenwahl war weniger strahlend als es Erdoğan und seine Getreuen erwarten durften. Das sollte ihm und seiner Partei zu denken geben.