Erdgas aus Zentralasien:Nabucco-Pipeline kommt später

Energiekommissar Günther Oettinger gesteht die Verzögerung eines EU-Prestigeprojekts ein: Die Gasleitung aus Zentralasien wird frühestens 2018 fertig.

Cerstin Gammelin

Die von der EU mitgeplante Erdgasleitung Nabucco wird frühestens im Jahr 2018 und damit vier Jahre später als bisher geplant in Betrieb gehen. Das sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Die Pipeline, die Gas aus Zentralasien nach Europa transportieren und damit die Abhängigkeit der Europäer von russischen Lieferungen verringern soll, sei dennoch "ein Prestigeprojekt der Europäischen Union", erklärte Oettinger.

In trockenen Tüchern seien die Planungen für die 3300 Kilometer lange Leitung allerdings noch nicht. "Ich hoffe, wir werden 2010 den endgültigen Beschluss fassen, die Leitung zu bauen", erklärte der Deutsche. In den vergangenen Monaten seien die Chancen dafür deutlich gestiegen.

Noch im September vergangenen Jahres habe die Wahrscheinlichkeit bei höchstens dreißig Prozent gelegen. "Jetzt sind es ungefähr 65 Prozent", sagte der Unionspolitiker. Bis sie tatsächlich Gas liefern könne, "wird es aber wohl 2018 werden". Nabucco werde definitiv nicht ein mögliches Gasproblem im Winter 2013 lösen können.

Der Energiekommissar erklärte, die EU investiere 200 Millionen Euro für die Entwicklung der Röhre. Im Juli werde in Brüssel oder Istanbul eine Konferenz mit allen Partnern organisiert.

Die bisherigen Planungen sahen vor, dass Nabucco bereits von 2014 an Erdgas nach Europa transportieren sollte. Die voraussichtlichen Baukosten wurden mit 7,9 Milliarden Euro angegeben.

Eigentümer der Leitung sollten mit jeweils etwa 16,7 Prozent die Unternehmen Botas (Türkei), Bulgarian Energy (Bulgarien), MOL (Ungarn), OMV (Österreich), RWE (Deutschland) und Transgas (Rumänien) sein. RWE bestritt die Verzögerung. Nabucco solle "2014 in Betrieb gehen", sagte ein RWE-Sprecher in Essen.

Neben Nabucco sollen zwei weitere Leitungen die Europäer mit Erdgas versorgen. Beide sollen deutlich eher in Betrieb genommen werden. Oettinger rechnet damit, dass die Ostsee-Pipeline Nordstream in zwei Jahren Gas aus Russland nach Europa bringt.

Das Projekt sorgte vor allem in der Planungsphase für negative Schlagzeilen, weil Deutschland und Russland die Anrainerstaaten der Ostsee unzureichend informierten. Oettinger räumte ein, die Verhandlungen seien "sehr undiplomatisch" verlaufen.

Inzwischen sei Nordstream "auf einem guten Weg", zuletzt habe Polen seine Bedenken aufgegeben. Oettinger kündigte an, dass die bisherige Haupttransportleitung für russisches Gas in den kommenden drei Jahren renoviert werde, "ansonsten bekommen wir technische Probleme, die größer sein werden als die politischen, die wir bisher mit der Ukraine und Russland hatten". Aufgrund des Ausfalls müsse auch der dritte Neubau, die Leitung Southstream, gebaut werden.

Oettinger unterstrich, dass er für die Energie-Außenpolitik der EU zuständig sein werde. Eine entsprechende Vereinbarung sei kürzlich mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso unterzeichnet worden. In den vergangenen Tagen seien einige Beamte des bisherigen außenpolitischen Dienstes in sein Ressort gewechselt. Die EU-Außenbeauftragte Lady Catherine Ashton stimme ihre energiepolitischen Gespräche im Ausland mit ihm ab.

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