Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat Afrika zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht. Unter anderem will er dort mehr Investitionen anstoßen. Wie steht die afrikanische Diaspora in Deutschland zu diesen Ideen? Boniface Mabanza, geboren in der Demokratischen Republik Kongo, ist Experte für Entwicklung und Handel und arbeitet für die Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika in Heidelberg. Die SZ hat die beiden zum Gespräch gebeten.
SZ: Was bedeutet eine gute Partnerschaft für Sie?
Gerd Müller: Eine gute Partnerschaft ist Vertrauen und Verlässlichkeit.
Boniface Mabanza: Für mich ist das eine Beziehung, in der gemeinsame Lernprozesse entstehen. Und das setzt voraus, dass niemand oben ist und niemand unten.
Die Partnerschaft mit den Ländern Afrikas spielt eine große Rolle in Ihrer Amtszeit, Herr Müller. Wie kann die entstehen, wenn das wirtschaftliche Gefälle so groß ist?
Müller: Erst einmal wächst eine Partnerschaft aus dem Herzen. Wir dürfen nicht nur materiell denken. Afrika ist ein faszinierend vielfältiger Kontinent - hundertmal so groß wie Deutschland - mit 3000 verschiedenen Sprachen und Kulturen und einer grandiosen Natur. Afrika und Europa, das sind Herausforderung und Chance für beide Seiten. Das ist ein Geben und Nehmen.
Mabanza: Ich denke, dass die Asymmetrie der Machtverhältnisse nicht zu leugnen ist. Ich bin auch der Überzeugung, dass die Länder Afrikas etwas geben können. Aber die Industrienationen, die eine Kolonialgeschichte haben, müssen erst ihre Denkmuster verlernen, um von Afrika lernen zu können. Ohne diesen Perspektivwechsel können wir zwar über Partnerschaft reden, aber in Wirklichkeit ist es keine.
Die Bundesregierung spricht viel von Partnerschaft. Beim "Compact with Africa", zum Beispiel, geht es darum, Geschäftsbeziehungen zwischen deutschen Unternehmen und afrikanischen Ländern anzubahnen. Herr Mabanza, was halten Sie von diesem Konzept?
Mabanza: Afrika ist ein Kontinent mit 55 Ländern, die zum Teil sehr unterschiedlich sind. Namibia hat wenig mit Somalia gemeinsam. Patentlösungen wie "Direktinvestitionen anziehen für alle", das ist zu vereinfacht. Viele Länder hätten so viel wirtschaftliches Potenzial, wenn die politischen Probleme gelöst wären.
Herr Müller, sind Privatinvestitionen ein zu einfaches Rezept?
Müller: Mit öffentlichen Geldern allein können wir keine ausreichenden Beschäftigungseffekte auslösen. Jedes Jahr drängen 20 Millionen junge Menschen auf den afrikanischen Arbeitsmarkt. Deshalb brauchen wir auch mehr private Investitionen und den Aufbau fairer Handelsbeziehungen.
Mabanza: Aber was unternehmen wir, um zu verhindern, dass sich ausländische Investitionen nur die Bereiche aussuchen, in denen sie am schnellsten hohe Gewinne erzielen? Bisher haben sie die Länder mit den ausgebeuteten Ressourcen meist wieder verlassen und zurück blieb Umweltverschmutzung und soziale Desintegration. Zu einem Strukturwandel der afrikanischen Wirtschaften hat das nicht geführt.
Müller: Das, was Sie beschreiben, ist Neokolonialismus. Und deshalb sage ich: Die Investitionen dürfen die Armen nicht noch ärmer machen. Wir brauchen Mindeststandards für Firmen im ökologischen und im sozialen Bereich. In den Minen, Fabriken und auf den Plantagen müssen den Menschen grundlegende Rechte gewährt werden: existenzsichernde Löhne, keine Kinderarbeit und Umweltstandards müssen für alle Lieferketten und Produkte aus Afrika gelten.
Mabanza: Das würde ich sofort unterschreiben: Sozialstandards, ökologische Standards. Die Investitionen der vergangenen Jahre haben die Länder aber untereinander in einen unheilvollen Wettbewerb gesetzt. Es geht darum, wer mehr ausländische Firmen anzieht. Um ihren Standort attraktiv zu machen, haben die Länder ihre Standards eher heruntergeschraubt und Steuern gesenkt. Ob sich die Konzerne anständig verhalten, wurde ihnen lange selbst überlassen. Was tun wir konkret dagegen?
Müller: Ich gebe Ihnen Recht, wir müssen das Prinzip der Freiwilligkeit ein Stück weit überwinden und Mindeststandards mit Verbindlichkeit umsetzen.