Süddeutsche Zeitung

Israel zum Abkommen mit Iran:Netanjahus Theaterdonner

  • Israels Premier Netanjahu warnt mit drastischen Worten vor den Folgen des Atom-Abkommens mit Iran.
  • Im Westen findet Netanjahu kaum Gehör, nur die Republikaner im US-Kongress unterstützen ihn.
  • Eine militärische Option wird zwar von israelischer Seite immer wieder ins Spiel gebracht, realistisch ist sie aber nicht.
  • Netanjahu wird nun versuchen, seinen Einfluß auf US-Abgeordnete auszunutzen, um das Abkommen doch noch scheitern zu lassen.

Von Peter Münch

Sie reden nicht mehr oft miteinander, doch diesmal musste es sein: In Jerusalem war es schon Nacht, als Barack Obama sich nach dem Atom-Abkommen bei Benjamin Netanjahu meldete. Der US-Präsident dürfte gewusst haben, dass dies kein angenehmes Gespräch wird. Doch wie deutlich die beiden aneinandergerieten, das ließ Israels Premier die Welt kurz darauf wissen. Die Einigung mit Iran bedrohe "das Überleben Israels", erklärte er, ein "furchtbarer Krieg" werde dadurch wahrscheinlicher.

Selbst Berlin und Washington haben Netanjahu im Stich gelassen

So erbost Netanjahu auch ist über das Rahmenabkommen, überrascht ist er sicher nicht. Schon die ganze Verhandlungswoche über hatte er von der Seitenlinie aus scharf geschossen gegen jeden, der in Lausanne mit am Verhandlungstisch saß.

Nun sieht er sich bestätigt, doch er steht da als einsamer Mahner, den selbst die besten Freunde in Washington und in Berlin im Stich gelassen haben. Jahrelang hatte er sie vor der iranischen Gefahr gewarnt, doch selbst mit der Beschwörung eines "nuklearen Holocaust" hat er nicht verhindern können, dass die Welt nun mit den Mullahs in Teheran gemeinsame Sache macht.

Drohungen mit Militärschlag nicht viel mehr als Theaterdonner

Die Frage ist allein, welche Optionen Netanjahu bleiben. Noch am Freitag, kurz vor Beginn des Pessach-Festes, rief er sein Sicherheitskabinett zusammen. Schon vorher hatte er erstens klargestellt, dass Israel sich nicht gebunden fühlt an die Abmachungen, und zweitens, dass er "alles tun wird, um Israels Sicherheit und Israels Zukunft zu verteidigen". Noch deutlicher war sein Strategieminister Juval Steinitz geworden: "Wenn wir keine Wahl haben, haben wir eben keine Wahl", sagte er, "die militärische Option liegt jedenfalls auf dem Tisch".

Realistisch betrachtet ist das, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, jedoch nicht viel mehr als Theaterdonner. Netanjahu weiß sehr wohl, dass ihm nun so lange die Hände gebunden sind, wie Teheran sich an die Vereinbarungen hält. Schließlich hat er trotz aller Drohungen die Atomanlagen nicht einmal bombardiert, als Iran massiv aufgerüstet hat. Noch weniger also kann er das jetzt tun, wenn Iran Zentrifugen abbaut und Kontrollen zulässt.

Netanjahu wird versuchen, das Abkommen doch noch zu verhindern

Zu erwarten ist vielmehr, dass Netanjahu nun in den nächsten drei Monaten versuchen wird, den Abschluss eines endgültigen Abkommens zu torpedieren. Er wird auf Teherans Terror-Unterstützung und auf die von Iran ausgehende Destabilisierung der Region, zum Bespiel in Jemen, verweisen.

Und er dürfte auf seine natürlichen Verbündeten in den USA hoffen: die Republikaner im Kongress. Mit ihnen wird er den Schulterschluss suchen. Allerdings wird ihn Obama dann noch viel seltener anrufen.

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SZ vom 04.04.2015/cmy
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