Entscheidung am 13. März:So ist der Stand vor den Landtagswahlen

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Letzte Landtagssitzung in Stuttgart vor der Wahl in Baden-Württemberg: Wer hier künftig die Regierung stellt, ist unsicher. (Foto: dpa)

Am 13. März wählen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt neue Landtage. Wer wo zur Wahl steht und was die Umfragen verraten. Ein Überblick.

Von Oliver Das Gupta, Gianna Niewel und Hannah Beitzer

Baden-Württemberg

Ausgangslage

In Stuttgart regiert seit Mai 2011 eine Koalition aus Grünen und SPD, angeführt von Winfried Kretschmann, der als erster Grüner Ministerpräsident wurde. Die oppositionelle Südwest-CDU hat Kretschmann gegenüber einen schweren Stand. Sie versucht bislang vergeblich, in der Flüchtlingspolitik gegen die Grünen zu punkten.

CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf ist eingeklemmt zwischen der AfD und dem grünen Ministerpräsidenten, der sich die Linie der CDU-Kanzlerin Angela Merkel zu Eigen gemacht hat. Eine Linie, von der sich Wolf distanziert. Dass die Grünen die Volksabstimmung über den Bahnhofsneubau Stuttgart 21 verloren haben, schadete Kretschmann offenbar nicht. Der Konflikt ist weitgehend befriedet.

Das sagen die Umfragen

An Kretschmann liegt es wohl, dass die Grünen in Umfragen zur stärksten politischen Kraft in Baden-Württemberg geworden sind. Die Partei des Ministerpräsidenten liegt in den aktuellsten fünf Umfragen zwischen 30 und 32 Prozent.

Die Grünen haben im Wahlkampf-Endspurt die CDU in ihrem Stammland übertroffen, die auf 28 bis 30 Prozent kommt. Das Hoch der Grünen geht zu Lasten der SPD, die mit ihrem Frontmann Nils Schmid in den jüngsten beiden Umfragen nur 13 Prozent erhält.

Kretschmann und Fischer
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Eine Podiumsdiskussion mit Winfried Kretschmann und Joschka Fischer wird zum Abend, der grüne Seelen wärmt. In einer Umfrage liegen die Grünen vier Prozentpunkte vor der CDU.

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Die Alternative für Deutschland (AfD) dürfte erstmals in den Landtag von Baden-Württemberg einziehen. Unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise haben sich in den jüngsten Erhebungen bis zu 13 Prozent der Befragten für die rechtspopulistische Partei ausgesprochen.

Die FDP liegt bei acht Prozent und dürfte relativ sicher auch nach dem Wahltag im Landesparlament vertreten sein. Knapp unterhalb der parlamentarischen Hürde liegt die Linke mit vier Prozent.

Kretschmanns Zustimmungsrate liegt bei 70 Prozent. Gegen die Aura des Landesvaters wirkt der CDU-Spitzenmann Wolf farblos.

Kurzanalyse

Trotz Kretschmanns Popularität ist nicht sicher, dass er weiter regieren kann, seine Koalition hat momentan keine Mehrheit. Die FDP hat unter Frontmann Hans-Ulrich Rühlke ausgeschlossen, nach der Wahl mit den Grünen und der SPD zusammenzugehen. CDU-Kandidat Wolf will nicht Juniorpartner einer grün-schwarzen Koalition sein (was nach dem Wahltag auch ein Wolf-loses Regieren der Grünen mit der CDU bedeuten könnte).

Legt man die aktuellsten Umfragen zugrunde, kann Wolf nur mit Hilfe der Sozialdemokraten Ministerpräsident werden. Eine Koalition aus CDU, SPD und FDP hat noch niemand ausgeschlossen.

An landespolitischen Kontroversen mangelt es in diesem Wahlkampf. Die CDU will die von Grün-Rot eingeführten Gemeinschaftsschulen bei einem Wahlsieg nicht abschaffen - sondern nur keine neuen zulassen. Die Junge Union warnt auf Plakaten, dass Grünen-Chef Cem Özdemir Nachfolger von Kretschmann werden könnte - und spekuliert offenkundig auf antimuslimische Reflexe.

Bundespolitisch hat die Wahl in Deutschlands Südwesten aus drei Gründen Bedeutung:

  • Momentan dominieren die rot-grün regierten Bundesländer mit dem gemeinsam mit den Linken regierten Thüringen im Bundesrat. Ein Regierungswechsel in Stuttgart (und/oder Mainz) würde die knappe Mehrheit beenden.
  • Da Kretschmann in der Flüchtlingspolitik nahezu vollends den Kurs der Kanzlerin stützt, dürfte sich seine Amtsbestätigung entsprechend auswirken. Setzt sich Merkels Parteifreund Wolf durch, dürfte dies in der Union die Linie Merkels weiter destabilisieren.
  • Wenn die AfD die Fünf-Prozent-Hürde übertrifft, zieht sie erstmals in einem westdeutschen Flächenland ins Parlament ein.

Ausgangslage

Ausgerechnet in einem CDU-Stammland regiert die SPD - und das seit 25 Jahren. Auf Rudolf Scharping folgte Kurt Beck, der auch deshalb "König Kurt" genannt wurde, weil er sich mit monarchischer Kontinuität 19 Jahre lang im Amt hielt. Er trat im Herbst 2012 zurück, als Grund nannte er Probleme mit der Bauchspeicheldrüse. Spekulationen, er sei auch wegen des Finanzdebakels am Nürburgring zurückgetreten - das Unternehmen ist insolvent, der Steuerzahler kam für Kosten in dreistelliger Millionenhöhe auf - , wies er zurück.

Der rheinland-pfälzische Landtag tagt im Ratssaal des Mainzer Rathauses in Mainz (Rheinland-Pfalz). Das eigentliche Landtagsgebäude wird derzeit saniert. (Foto: dpa)

Im Januar 2013 übergab Beck sein Amt an die damalige rheinland-pfälzische Sozialministerin Malu Dreyer. Die übernahm auch den Koalitionspartner, die Grünen. Gemeinsam regieren Dreyer und die grüne Wirtschaftsministerin Eveline Lemke seither geräuschlos.

Das sagen die Umfragen

Dass der Wahlkampf eng werden würde? Das zeichnete sich lange ab. Wie eng, dass ist seit Anfang der Woche klar. Zum ersten Mal sah ein Meinungstrend - in dem Fall: INSA - beide Kandidatinnen auf Augenhöhe, 35 Prozent für Dreyers SPD, 35 Prozent auch für Klöckners CDU. Am Donnerstag dann überholte Dreyer in Umfragen erstmals ihre Herausforderin: Das ZDF Politbarometer sieht die CDU unverändert, die SPD konnte einen Punkt zulegen und käme demnach auf 36 Prozent.

Laut Politbarometer rutschen die Grünen weiter ab, sie kämen nur noch auf 5,5 Prozent. Der Einzug in den Landtag wäre gefährdet. In den Umfragen zugelegt hat hingegen die FDP: Sieben Prozent für die Liberalen. Nicht reichen würde es nach wie vor für die Linke, die das Politbarometer bei nur drei Prozent sieht.

Stark von der Flüchtlingskrise profitiert hat die AfD. Ende September hätten die Rechtspopulisten Umfragen zufolge die Fünf-Prozent-Hürde nicht genommen. Aktuell kämen sie auf neun Prozent und wären demnach drittstärkste Kraft im Mainzer Landtag.

Kurzanalyse

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Von Gianna Niewel

Könnten die Rheinland-Pfälzer ihre Ministerpräsidentin direkt wählen, der Ausgang wäre eindeutig. Laut Politbarometer käme Malu Dreyer auf 50 Prozent der Stimmen, Klöckner auf 35. Doch das können sie nicht. Und so hängt das Ergebnis der Wahl letztlich nur davon ab, was in den nächsten Tagen passiert.

Auch in Rheinland Pfalz entscheidet die Flüchtlingskrise die Wahl. Und Herausforderin Julia Klöckner preschte nicht nur mit ihrem "Plan A2" ordentlich nach vorne. Das kostete sie in den vergangenen Wochen Punkte; es scheint, als straften die Wähler ihren Kurs ab. Die SPD hingegen gewann dazu, ein Umstand, den auch die Parteispitze im Bund freuen dürfte. Denn sowohl in Baden-Württemberg als auch in Sachsen-Anhalt schneidet die Partei aller Voraussicht nach nur bescheiden ab. In Rheinland-Pfalz dagegen ist es nicht ausgeschlossen, dass SPD-Hoffnungsträgerin Dreyer ihren Posten verteidigt. Mit aktuell 35 Prozent der Stimmen liegen die rheinland-pfälzischen Genossen zudem gut zehn Punkte über dem Bundesdurchschnitt ihrer Partei.

Für die jeweiligen Wunschkoalitionen - Rot-Grün und Schwarz-Gelb - würde es nach derzeitigem Stand nicht reichen. Doch die Wahl ist nicht nur interessant, weil der Ausgang ungewiss ist. Sie ist auch historisch, weil zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik zwei Frauen um das Amt der Ministerpräsidentin kämpfen.

Ausgangslage

In Sachsen-Anhalt regiert seit 2011 eine große Koalition aus CDU und SPD unter Ministerpräsident Reiner Haseloff - und wenn es nach Haseloff geht, soll das auch so bleiben. Die SPD und ihre Spitzenkandidatin Katrin Budde haben sich hingegen auf keine Koalition festgelegt.

Hat Reiner Haseloff hier auch künftig das Sagen? Das barocke Gebäude des Landtages von Sachsen-Anhalt in Magdeburg. (Foto: dpa)

Sachsen-Anhalt hatte lange Jahre mit enormen Problemen zu kämpfen. Die Arbeitslosigkeit lag dort zeitweise bei 20 Prozent, vor allem junge, gut ausgebildete Menschen wanderten ab. Inzwischen ist die Arbeitslosigkeit deutlich gesunken, liegt mit etwa zehn Prozent allerdings immer noch über dem Bundesdurchschnitt. 2014 zogen auch erstmals mehr Menschen nach Sachsen-Anhalt als das Bundesland verließen. Eigentlich keine schlechte Bilanz für Ministerpräsident Haseloff.

Das sagen die Umfragen

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Von Josef Kelnberger, Susanne Höll und Cornelius Pollmer

Für die CDU und ihren Wunsch nach einer Fortsetzung der großen Koalition sieht es Umfragen zufolge gut aus. Die Union kann ihren Wert von 32,5 Prozent von 2011 annähernd halten. Gemeinsam mit der SPD hätte Haseloff wohl eine Mehrheit. Er hat auch die höchsten Beliebtheitswerte aller Spitzenkandidaten. SPD-Kandidatin Budde träumte zwar zwischenzeitlich von einer rot-roten oder rot-rot-grünen Koalition unter ihrer Führung - doch angesichts von Umfragewerten unter 20 Prozent, schlimmstenfalls sogar von nur 15 Prozent, muss sie schon froh sein, nicht von der AfD überholt zu werden. Auch die Linkspartei verlor im Vergleich zu 2011 an Zustimmung. Damals erhielt sie noch 23,7 Prozent, heute liegt sie um die 20 Prozent.

Die große Gewinnerin der Wahl dürfte die AfD werden. Auf bis zu 19 Prozent kommt sie in Umfragen - das wäre für die junge Partei ein neuer bundesweiter Rekord. Die Grünen könnten den Einzug in den Landtag knapp schaffen, sie liegen bei etwa fünf Prozent. Für die FDP hingegen sieht es schlecht aus, sie hat in den jüngsten Umfragen die fünf Prozent knapp verfehlt.

Kurzanalyse

In Sachsen-Anhalt gibt es im Wahlkampf ein dominierendes Thema: die Flüchtlingspolitik. Die ablehnende Haltung eines beträchtlichen Teils der Einwohner zeigt sich in den stetig wachsenden Zustimmungswerten für die Alternative für Deutschland, die hier am 13. März ein neues Rekordergebnis einfahren dürfte. Die AfD tritt in Sachsen-Anhalt so radikal auf wie sonst nur in Thüringen. Ihr Spitzenkandidat, der Kleinunternehmer André Poggenburg, gilt als enger Vertrauter des umstrittenen Scharfmachers Björn Höcke.

Wahl-O-Mat
:Welche Partei Ihnen nahesteht

Es ist der erste Stimmungstest im Jahr 2016: Am 13. März werden die Landtage in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt gewählt. Sie wissen noch nicht, wen Sie wählen sollen? Der Wahl-O-Mat hilft ihnen herauszufinden, welche Partei am ehesten Ihre Ansichten teilt.

Auch Politikverdrossenheit dürfte eine Rolle spielen. Die Wahlbeteiligung in Sachsen-Anhalt ist traditionell gering - und die AfD zieht seit jeher viele Nicht- und Protestwähler an. Sie inszeniert sich in Sachsen-Anhalt wie anderswo erfolgreich als Alternative zu den angeblich so bürgerfernen etablierten Parteien. Verluste muss in Sachsen-Anhalt wohl vor allem das linke Lager hinnehmen, das konsequent auf einen flüchtlingsfreundlichen Kurs setzt.

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