Das Entlastungspaket in Zahlen:Zehn Milliarden Euro in der Fußnote

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Gemüse kostet mehr, Energie auch - das macht jede Mahlzeit teurer. (Foto: Ekaterina Yakunina/imago)

Von Kindergeld über Energiepauschale bis Wohngeldreform: Was die versprochenen Entlastungen jeweils genau kosten, war bislang unklar. Nun hat das Finanzministerium vorgerechnet.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntagvormittag nach 22 Stunden Koalitionsausschuss mit den Vorsitzenden der Ampelparteien vor die Presse trat, wollte er Zweifel an der Bedeutsamkeit dieser Veranstaltung gar nicht erst aufkommen lassen. "Das dritte Entlastungspaket, das wir jetzt geschnürt haben, ist von seinem Umfang größer als die ersten beiden zusammen", sagte er. "Es hat eine große Dimension, die wir bewegt haben", es gehe um 65 Milliarden Euro, "wenn man alles zusammenrechnet".

Danach wurden sehr viele Fragen gestellt und einige auch beantwortet. Eine aber blieb auch nach der Pressekonferenz ungeklärt. Nämlich die, wie genau da eigentlich alles zusammengerechnet wurde. Drei Tage später hat das Bundesfinanzministerium nun ein Zahlentableau fertig, das Licht ins Dunkel bringen soll. Es listet die finanziellen Wirkungen des dritten Entlastungspakets auf - für dieses und kommendes Jahr.

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Unterm Strich stehen vier Zahlen: Im laufenden Jahr hat das Paket demnach ein Volumen von 12,98 Milliarden Euro, davon gut zwölf Milliarden für den Bund. Im kommenden Jahr sollen es 42,5 Milliarden Euro sein, von denen knapp 24,6 Milliarden auf den Bund entfallen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Die Länder (und zu einem geringeren Teil die Kommunen) wären in diesem Jahr mit knapp einer Milliarde Euro dabei; kommendes Jahr kämen dann knapp 18 Milliarden Euro an Mindereinnahmen und Mehrausgaben auf sie zu.

Allerdings ergeben diese Zahlen zusammen noch nicht die vom Kanzler versprochenen 65 Milliarden Euro. Die Auflösung dieses Rätsels findet sich in der Fußnote. Dort heißt es: "In diesen Zahlen sind noch nicht die Finanzwirkungen enthalten aus der Verschiebung der Preiserhöhung beim CO₂-Preis, der vereinbarten Strompreisbremse sowie der Dämpfung der steigenden Netzentgelte." Nach "überschlägigen Schätzungen" ergebe sich hieraus eine Finanzwirkung von mehr als zehn Milliarden Euro.

Die Einmalzahlung für Studierende ist ein kleinerer Posten

Die Liste der Einzelmaßnahmen ist lang, vom höheren Kindergeld über vorgezogene Absetzbarkeit der Rentenbeiträge von der Steuer bis zur Home-Office-Pauschale. Ein besonders dicker Brocken ist die Energiepreispauschale für Rentnerinnen und Rentner von einmalig 300 Euro. Sie soll den Bund in diesem Jahr sechs Milliarden Euro kosten. Die Einmalzahlung für Studierende im kommenden Jahr ist mit 700 Millionen Euro dagegen ein kleinerer Posten.

Für die Wohngeldreform, also die Ausweitung des Empfängerkreises, sind 2023 vier Milliarden Euro vorgesehen, die Hälfte vom Bund; für das neue Bürgergeld sind gut 3,6 Milliarden eingeplant. Ein Schwergewicht sind die 10,1 Milliarden Euro Mindereinnahmen, die der Ausgleich der kalten Progression in der Einkommensteuer mit sich bringt; davon 4,4 Milliarden für den Bund. Damit soll verhindert werden, dass Arbeitnehmer auch dann mehr Steuern zahlen müssen, wenn eine Gehaltserhöhung gerade einmal die Inflation ausgleicht.

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Die Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket soll drei Milliarden Euro kosten. Geht es nach dem Finanzministerium, sollen Bund und Länder dabei halbe-halbe machen. Weitere drei Milliarden fließen in die Entlastung von energieintensiven Unternehmen; hinzu kommen knapp 1,7 Milliarden Euro für den sogenannten Spitzenausgleich - eine Strompreisförderung für die Industrie. Fast zwei Milliarden soll die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas in diesem Jahr kosten, nächstes Jahr dann weitere knapp 6,5 Milliarden Euro.

Für manche Posten ist noch nicht wirklich absehbar, wie hoch die Kosten am Ende tatsächlich ausfallen werden. So sollen Unternehmen beispielsweise die Möglichkeit bekommen, ihren Beschäftigten eine steuerfreie Einmalzahlung zukommen zu lassen, als "Inflationsprämie". Allerdings ist die Frage, wie viele Unternehmen davon Gebrauch machen. Je mehr es tun, desto mehr Mindereinnahmen verzeichnet der Staat. Bislang wird laut der Tabelle des Ministeriums erst einmal mit einem moderaten Empfängerkreis gerechnet: Bei fünf Millionen "Begünstigten" kämen Kosten von 1,2 Milliarden Euro zusammen.

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