Enthüllungen zur Internet-Überwachung:Yahoo bekommt von NSA Geld für Prism

"Millionen von Dollar" sollen Internetfirmen von der NSA erhalten haben, um ihre Technologie an Prism anzupassen. Yahoo gibt als bisher einziges Unternehmen zu, Geld vom US-Geheimdienst bekommen zu haben. Andere Internetriesen sind in Erklärungsnot.

Computerfirmen aus Silicon Valley und die NSA arbeiten wohl enger zusammen, als bisher gedacht: Die britische Tageszeitung Guardian hat weitere brisante Details zum Überwachungsprogramm Prism veröffentlicht. Demnach hätten unter anderem Google, Yahoo, Microsoft und Facebook von der NSA Millionenbeträge erhalten, um ihre Technolgie an die Anforderungen der Überwachungsbehörde anzupassen.

Die Kosten entstanden dem Dokument zufolge, als das für Überwachungsaktionen zuständige US-Gericht (United States Foreign Intelligence Surveillance Court, FISC) im Oktober 2011 manche Aktivitäten der NSA als verfassungswidrig einstufte. Fortan mussten die Internetfirmen die US-Kommunikation vom Auslands-Datenverkehr strikt trennen. Die Kosten, die für die technische Umsetzung des Gerichtsbeschlusses entstanden, wurden den Internetfirmen laut Guardian von der NSA erstattet.

Wenn es stimmt, was die britische Zeitung nun veröffentlichte, gäbe es erste Beweise einer finanziellen Beziehung zwischen Google, Yahoo, Microsoft und Facebook und der NSA. In dem Dokument, das der Guardian im Internet veröffentlichte, ist von "Millionen von Dollar" die Rede. Das wirft neue Fragen auf, da die Unternehmen wiederholt verneinten, von Prism zu wissen und stets behaupteten, nur bei spezifischen rechtlichen Anfragen Nutzerdaten weitergegeben zu haben.

"Wir haben eine Erstattung angefordert"

Der Guardian bat die betroffenen Firmen um Stellungnahme. Die Zeitung wollte wissen, wie hoch die entstandenen Kosten waren, in welcher Form sie erstattet wurden und ob die Unternehmen weitere Zahlungen der NSA im Zusammenhang mit Prism erhalten hätten.

Ein Yahoo-Sprecher sagte: "Das Bundesgesetz verpflichtet die US-Regierung, den Anbietern die entstandenen Kosten zu verpflichtenden rechtlichen Verfahren zu erstatten. Wir haben eine Erstattung im Einklang mit diesem Gesetz angefordert." Facebook hingegen verneinte eine Erstattung von Kosten: Man habe nie eine Entschädigung erhalten. Google ging auf keine der Fragen zur Kostenerstattung ein und bekräftigte, weder Prism noch einem anderen Überwachungsprogramm aktiv beigetreten zu sein. Microsoft lehnte eine Stellungnahme ab.

Rätselraten um Quelle der "Independent"-Enthüllungen

Für Aufregung sorgt außerdem eine Enthüllungsgeschichte der britischen Zeitung The Independent. Dem Bericht zufolge betreibe der britische Geheimdienst eine bisher hochgeheime Spähbasis im Nahen Osten. Von dort aus würden Telefonaten, E-Mails und Internet-Verkehr in der gesamten Region überwacht. Die gesammelten Informationen würden an die Nachrichtendienstzentrale GCHQ im englischen Cheltenham übermittelt und von dort an den US-Geheimdienst NSA weitergegeben, berichtet die Zeitung.

Der Independent beruft sich in seinem Bericht auf Edward Snowden. Doch der sagt, er habe nie mit der Zeitung kooperiert. Snowden, der seit seinen Enthüllungen in Russland im Asyl lebt, machte umgehend deutlich, er habe zu keinem Zeitpunkt mit der Zeitung Independent zusammengearbeitet.

Snowden machte die britische Regierung für die undichte Stelle verantwortlich. London habe die Informationen absichtlich an die Öffentlichkeit gebracht. Damit sollten die Medien des Geheimnisverrats bezichtigt werden. "Die Regierung tut das, wofür sie jeden Privatmann einer kriminellen Handlung bezichtigen würde", heißt es in Snowdens Erklärung.

Informationen über Spähposten offenbar Hauptgrund für Druck auf "Guardian"

Als zweite mögliche Quelle für die Information kommt allerdings auch der Guardian infrage. Die Zeitung hat eine Versicherung abgegeben, kein sicherheitsrelevantes Material zu veröffentlichen, wie der Independent schreibt. Dieser berichtete seinerseits zwar über die Existenz der Nahost-Spähbasis, machte deren Standort aber nicht öffentlich.

Die Informationen über den Spähposten in Nahost sollen ein Hauptgrund dafür gewesen sein, warum Premierminister David Cameron Druck auf den Guardian hat anordnen und letztlich die Festplatten im Keller der Zeitung zerstören lassen. Nach Angaben des Guardian existieren jedoch Sicherheitskopien.

Der Spähposten werde von der britischen Regierung als wichtiges Element im "Krieg gegen den Terror" und als Frühwarnsystem zur Warnung vor möglichen Anschlägen betrachtet. Er sei von besonderem Wert für den Westen, weil über die Unterseekabel große Datenmengen in die Region hinein und von dort heraus fließen. Der gesamte Datenverkehr werde abgefangen und in riesige Computerspeicher kopiert, um sie dann nach Informationen von besonderem Interesse zu durchsuchen.

"Al-Qaida wollte mit Anschlag die Geschichte verändern"

Das Terrornetzwerk Al-Kaida wollte nach Ansicht des jemenitischen Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi mit einem Attentat die Geschichte verändern. In einem abgehörten Telefongespräch zwischen Al-Qaida-Chef Aiman al-Sawahiri und dem Kommandeur des Ablegers Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel, Nasser al-Wuhaischi, habe dieser ein Ereignis angekündigt, "das den Lauf der Geschichte verändert", sagte Hadi am Freitag nach Angaben aus seinem Umfeld vor Polizeioffizieren. Demnach hatte US-Präsident Barack Obama seinen jemenitischen Kollegen während eines Besuchs im Weißen Haus in Washington über das Telefonat informiert. Laut Hadi wurde in der Folge ein großangelegter Angriff auf ein Erdöl-Verladeterminal vereitelt.

Die USA hatten am 4. August infolge des Telefonats im Jemen und anderen muslimischen Ländern ihre diplomatischen Einrichtungen geschlossen. Auch mehrere europäische Staaten, darunter Deutschland, schlossen vorübergehend ihre Botschaften in Sanaa.

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