Enthüllungen aus Koalitionsgesprächen:Oppermanns entlarvende Dialoge

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Es gehe nicht um "Posten und Pöstchen", wiederholte die SPD mantraartig vor dem Mitgliederentscheid zur großen Koalition. Als sich SPD-Fraktionschef Oppermann nun vor dem Innenausschuss zu Edathy erklären muss, offenbart er, welche Frage damals für viele Sozialdemokraten tatsächlich im Vordergrund stand.

Von Nico Fried, Berlin

Am 8. November 2013 führte Thomas Oppermann am Rande der Koalitionsverhandlungen ein Gespräch mit Sebastian Edathy. Es sei dabei um Edathys "Karrierewünsche" gegangen, berichtete der SPD-Fraktionschef am Mittwoch dem Innenausschuss des Bundestags, "also welche Möglichkeiten ich für hervorgehobene Positionen für ihn sehe". Er habe Edathy dann gesagt, so Oppermann weiter, "dass er als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses sehr gute Arbeit geleistet habe, dass ich ihm aber noch nichts über seine künftigen Möglichkeiten sagen könne". Die Ressorts seien noch nicht verteilt gewesen. "Wir waren mitten in den Koalitionsverhandlungen."

Tatsächlich war die Bildung einer großen Koalition zu jener Zeit keineswegs gewiss. Sicher war nur, dass am Ende die Mitglieder der Partei darüber abstimmen sollten. Und Anfang November war die Skepsis gegen ein erneutes Bündnis mit Angela Merkel und der Union noch groß. Manche Sozialdemokraten an der Basis hatten ihre Genossen in Berlin im Verdacht, nur Ministerämter und Staatssekretärsposten, einen Sprung in die Fraktionsführung oder den Aufstieg in einen Ausschussvorsitz im Auge zu haben.

"Und was wird aus mir?"

Noch Mitte November, auf dem SPD-Parteitag in Leipzig, wurde die offizielle Sprachregelung immer wieder bekräftigt: Es gehe um Inhalte, nicht um Posten, so Parteichef Sigmar Gabriel. Es gehe nicht um "Posten und Pöstchen", variierte seine Stellvertreterin Hannelore Kraft. Und auch Ralf Stegner, von dem selbst jeder, der es gar nicht wissen wollte, längst wusste, dass er gerne SPD-Generalsekretär würde, beharrte in einem Interview darauf, dass es darum gehe, "für möglichst viele sozialdemokratische Inhalte im Koalitionsvertrag zu sorgen, und nicht um Posten".

Doch die Skeptiker hatten offenkundig recht. Denn Edathy war mitnichten der Einzige, der Oppermann nach Aufstiegschancen fragte. Freimütig erzählte der Fraktionschef am Mittwoch im Innenausschuss: "Ich habe in den Tagen viele solcher Gespräche geführt." Das heißt übersetzt: Viele SPD-Abgeordnete interessierten sich schon lange vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen nicht für Inhalte, sondern vor allem für eines: Und was wird aus mir?

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