Wahlrecht:Wolfgang Schäuble macht nicht mit

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (Foto: dpa)

Der Bundestagspräsident hat innerhalb von 24 Stunden zweimal nicht mit seiner Fraktion gestimmt. Er hält das neue Wahlrecht für unzureichend.

Von Robert Roßmann, Berlin

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat innerhalb von 24 Stunden zweimal nicht mit seiner Fraktion gestimmt. Am Freitagvormittag enthielt sich Schäuble bei der Abstimmung über eine Änderung des Bundeswahlgesetzes, mit der die Aufstellung von Kandidaten während der Pandemie erleichtert werden soll. Alle anderen anwesenden Abgeordneten von CDU und CSU votierten für das Gesetz. Die Opposition hatte die Änderung abgelehnt, weil mit ihr das Innenministerium ermächtigt wird, weitreichende Entscheidungen per Rechtsverordnung zu treffen. Außerdem soll die Neuregelung nicht nur für die Dauer der Pandemie, sondern generell "im Falle einer Naturkatastrophe oder eines ähnlichen Ereignisses höherer Gewalt" gelten.

Am Donnerstagabend hatte Schäuble sich bei der Abstimmung über das neue Wahlrecht enthalten. Der Bundestagspräsident gab außerdem eine persönliche Erklärung zu Protokoll. Darin heißt es: "Die vorgesehenen Maßnahmen sind zu der dringend notwendigen Reform kaum geeignet und reichen nicht aus." Schäuble hatte sich jahrelang intensiv um eine Reform des Wahlrechts zur Verkleinerung des Bundestags bemüht. Das jetzt von der Koalition beschlossene Wahlrecht führt aller Voraussicht nach aber nicht dazu, dass der nächste Bundestag kleiner wird als der jetzige. Er dürfte sogar noch größer werden.

Schäuble ist nicht nur Präsident des Bundestags, er ist auch der dienstälteste Abgeordnete in der deutschen Parlamentsgeschichte. Der 78-Jährige sitzt bereits seit 1972 im Bundestag. Im September hat er angekündigt, bei der Bundestagswahl 2021 erneut antreten zu wollen.

© SZ vom 10.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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