Energiewende:Eon klagt gegen Atomausstieg

Deutschlands größter Kernkraftbetreiber macht Ernst: Eon reicht Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe gegen den Atomausstieg ein. Dem Konzern geht es dabei nicht um die Rücknahme der Energiewende - vielmehr fordert er Schadenersatz in Milliardenhöhe.

Michael Bauchmüller

Der Düsseldorfer Eon-Konzern legt als erster deutscher Kernkraft-Betreiber Verfassungsbeschwerde gegen den Atomausstieg ein. Die Beschwerde sollte nach Informationen der Süddeutschen Zeitung noch am frühen Montagabend in Karlsruhe eingereicht werden. Das Unternehmen bestätigte dies.

Eon legt Geschäftszahlen vor

Der Meiler des Betreibers Eon in Brokdorf: Der Energiekonzern klagt vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der Stilllegung seiner Atomkraftwerke.

(Foto: dpa)

Eon sieht sich durch die Änderung des Atomgesetzes in seinen Eigentumsrechten beschnitten. Der Atomausstieg sei "unvereinbar mit unserem durch die Grundrechte geschützten Eigentum und der Berufs- und Gewerbefreiheit", hatte das Unternehmen kürzlich in seinem Zwischenbericht argumentiert. Ohne jegliche Entschädigung sei dieser Eingriff mithin verfassungswidrig. Das Unternehmen selbst sehe einen Schaden im "oberen einstelligen Milliardenbereich", heißt es in Konzernkreisen.

Der Konzern ist Deutschlands größter Atomkraftbetreiber. Durch den Ausstieg waren die beiden Eon-Kraftwerke Isar 1 und Unterweser stillgelegt worden; Anteile hatte Eon auch an den ebenfalls stillgelegten Reaktoren Brunsbüttel und Krümmel. "Das bedeutet nicht, dass wir gegen den politischen Mehrheitswillen klagen", sagte ein Konzernsprecher. Zudem sei der Vorstand einer Aktiengesellschaft verpflichtet, solche Schritte zu ergreifen. Andernfalls könnten die Aktionäre den Vorstand belangen. In Regierungskreisen wurden die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde skeptisch beurteilt.

Konzerne planen Klage wegen Brennelementesteuer

Zuvor hatte Eon bereits, wie Konkurrent RWE auch, gegen die Steuer auf Kernbrennstoffe geklagt, und das zumindest mit einem einstweiligen Erfolg. 170 Millionen Euro mussten die Finanzbehörden zunächst zurückzahlen. Eine vergleichbare Verfassungsbeschwerde prüft derzeit auch RWE; Vattenfall überlegt obendrein, ein Schiedsgericht der Weltbank in Washington anzurufen. Als ausländisches Unternehmen kann der schwedische Vattenfall-Konzern dort möglicherweise eine Verschlechterung der Investitionsbedingungen in Deutschland geltend machen. Mit einer ähnlichen Klage zum umstrittenen Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg hatte Vattenfall 2009 einen Schadenersatz von 1,4 Milliarden Euro gefordert. Bund und Unternehmen schlossen in diesem Frühjahr einen Vergleich - über die Konditionen wahrten beide Seiten allerdings Stillschweigen.

Im konkreten Fall der Verfassungsbeschwerde muss nun zunächst das Verfassungsgericht klären, ob es die Beschwerde überhaupt annimmt. Sollte es dies tun, wird es allerdings nicht über möglichen Schadenersatz entscheiden, sondern allein darüber, ob die Atomgesetz-Novelle verfassungsgemäß ist. Damit könnte der Ball am Ende wieder beim Gesetzgeber landen - mit dem Auftrag, das Gesetz nachzubessern. Bis Eon wirklich einen Schadenersatz erhalten könnte, dürften damit Jahre vergehen.

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