Energiepolitik:Merkel: Atombranche zusätzlich belasten

Rache ist süß: Die Stromerzeuger hatten mit der vorzeitigen Abschaltung ihrer Kernkraftwerke gedroht. Die Kanzlerin bleibt hart: Die Branche soll einen Extrabeitrag für den Ausbau erneuerbarer Energien leisten.

Die Bundeskanzlerin bekräftigt im Zwist um die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ihre Position. Die Stromerzeuger müssten zusätzlich zu der geplanten Brennelementesteuer eine weitere Belastung hinnehmen, sagte Angela Merkel bei ihrem Besuch im Atomkraftwerk Lingen. Die zusätzlichen Beiträge sollten für die erneuerbaren Energien verwendet werden.

German Chancellor Merkel points during visit in control centre at nuclear power plant in Lingen

Angela Merkel zu Besuch im Atomkraftwerk Lingen: "Wir haben hier natürlich keine Verhandlungen geführt."

(Foto: Reuters)

Merkel betonte, einerseits müsse die Haushaltskonsolidierung erreicht werden. Die Regierung habe da bestimmte Abgaben im Auge. Andererseits müsse ebenso darüber gesprochen werden, "in welcher Weise auch die Energiewirtschaft einen Beitrag für die erneuerbaren Energien leisten kann." Das Wort "Abgabe" verwende sie ausdrücklich nicht.

Die Kanzlerin traf in Lingen den Vorstandsvorsitzenden des Energiekonzerns RWE, Jürgen Großmann, und Eon-Chef Johannes Teyssen. "Wir haben ein kurzes Gespräch geführt, darüber, dass wir weiter sprechen werden", sagte Merkel. "Wir haben hier natürlich keine Verhandlungen geführt."

Eon-Chef Teyssen sagte: "Wir hatten wenige Minuten mit ihr und haben sie auf ihrer Lernreise begleitet." Dies sei jedoch kein Ort für Verhandlungen.

"Wir möchten einen substantiellen Teil haben"

Am Mittwochabend hatte sich bereits Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) für eine zusätzliche Belastung der Atomindustrie ausgesprochen. Röttgen sagte, die Energieversorger würden aus der Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke "enorme Zusatzgewinne" einfahren.

"Von diesen Zusatzgewinnen möchten wir einen substantiellen Teil haben, um ihn für den Ausbau, die Erforschung der erneuerbaren Energien zu verwenden", sagte Röttgen.

Das stehe so im Koalitionsvertrag "und ich bin jetzt auch im Amt des Umweltministers dafür, dass wir das machen, das wir vereinbart haben". Nach Berechnungen, etwa des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, können die Kernkraftwerke mit zusätzlich sechs Milliarden Euro rechnen.

"Getrickst und gelogen"

Merkels Besuch im emsländischen Lingen wurde von 200 Atomkraftgegnern begleitet, die vor dem Tor des Kernkraftwerks demonstrierten. Sie ließen Hunderte schwarze und gelbe Luftballons vor den Kühltürmen aufsteigen.

"Atomkraft ist keine Brückentechnologie für die erneuerbaren Energien, Atomkraft ist eine Blockadetechnologie", sagte der Sprecher der Initiative Campact, Christoph Bautz, unter Beifall der Demonstranten.

Er warf der Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "Klientelpolitik" zugunsten der Atomindustrie vor. "Da wird getrickst und gelogen, dass sich die Balken biegen", sagte er.

Demonstranten zeigten einen riesigen Pappmaché-Kopf mit dem Konterfei der Kanzlerin, die in der Szene mit vier Atommanagern in Skelett-Kostümen um die Verlängerung der Atomlaufzeiten pokerte. Das solle die "Kungelei" zwischen Merkel und der Atomwirtschaft demonstrieren, sagte Bautz. Er kritisierte, dass Merkel nicht bereit gewesen sei, bei ihrem Besuch in Lingen eine Liste mit 160.000 Unterschriften für den Appell "Atomkraft abschalten" entgegenzunehmen.

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