Süddeutsche Zeitung

Energiekrise:Deutschland bekommt Gas aus Katar - aber nur ein bisschen und nicht so lange

Der staatliche Rohstoffkonzern des Emirats schließt einen ersten langfristigen Vertrag für Flüssigerdgas-Lieferungen nach Brunsbüttel. Die Mengen allerdings sind bescheiden. Wirtschaftsminister Habeck freut sich vor allem über die "super" Laufzeit bis 2041.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Katars Staatskonzern Qatar Energy will von 2026 an Flüssigerdgas nach Deutschland liefern. Einen entsprechenden Vertrag unterzeichnete das Unternehmen am Dienstag mit dem amerikanischen Rohstoffmulti Conoco Phillips. Demnach sollen jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen Flüssigerdgas, kurz LNG, in einem neuen Terminal in Brunsbüttel angelandet werden - und das für die nächsten 15 Jahre. Katar wolle so helfen, die Energieversorgung Deutschlands und Europas zu sichern, sagte Katars Energieminister Saad Sherida Al-Kaabi bei der Vertragsunterzeichnung. Dieser erste langfristige Vertrag mit Europas größtem Gasabnehmer sei "bedeutsam".

Gespräche über Lieferungen aus Katar laufen schon seit März. Seinerzeit hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das Emirat besucht, um Ersatz für russische Gaslieferungen anzubahnen. Verträge waren damals noch nicht geschlossen worden. Ein Terminal, an dem sich die Flüssiggas-Tanker hätten entladen lassen, gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Derzeit entstehen schwimmende Terminals, um rasch LNG-Lieferungen ins deutsche Netz einzuspeisen; der Bund hat sich fünf davon gesichert. An den eilig errichteten Anlegern lässt sich das verflüssigte Erdgas wieder in Gasform bringen und ins deutsche Netz einspeisen. Die ersten zwei dieser Anleger sollen zum Jahreswechsel einsatzfähig sein, einer in Wilhelmshaven, einer in Brunsbüttel.

"15 Jahre ist super", sagt der Bundeswirtschaftsminister

Der Vertrag mit Katar aber dürfte sich auf ein festes Terminal beziehen, das bis 2026 in einem Industriegebiet bei Brunsbüttel entstehen soll. Conoco Phillips hatte sich hier bereits Kapazitäten gesichert, ebenso der deutsche RWE-Konzern und der britische Petrochemie-Konzern Ineos. Der US-Konzern ist nun der erste, der einen langfristigen Liefervertrag abgeschlossen hat - er ist an Gasfeldern vor der Küste des Emirats beteiligt. "Das ist ein wichtiger erster Schritt auf einer langen Reise", sagt Timm Kehler, Chef des Branchenverbands Zukunft Gas. Allerdings dürfe der Deal auch nicht überbewertet werden, schließlich ließen sich so nur drei Prozent des deutschen Gasbedarfs decken.

Tatsächlich entsprechen die zwei Millionen Tonnen verflüssigtes Gas umgerechnet nur knapp 2,8 Milliarden Kubikmetern Gas. Der deutsche Verbrauch im vergangenen Jahr lag bei gut 94 Milliarden Kubikmetern, allein die Ostseepipeline Nord Stream 1 hatte eine Kapazität von 55 Milliarden Kubikmetern. Die Lieferungen aus Katar sind also zunächst nur ein Tropfen auf den heißen Stein, zumal sie noch Jahre auf sich warten lassen.

Wirtschaftsminister Habeck äußerte sich am Dienstag dennoch zufrieden mit dem Abschluss, auch wegen der Laufzeit. "15 Jahre ist super", sagte Habeck in Berlin. Schließlich endet der Vertrag damit 2041 - vier Jahre bevor Deutschland erklärtermaßen klimaneutral sein will. "Die Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass die Abnehmerseite in Deutschland kleiner werden wird, wenn wir die Klimaziele einhalten wollen", sagte Habeck.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5705660
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/jsa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.