Energiekrise:Gaskunden zahlen von Herbst an mehr

Lesezeit: 2 min

Und es wird noch teurer: Millionen Gaskunden müssen sich auf höhere Rechnungen einstellen. (Foto: Willibald Wagner/imago images/Shotshop)

Regierung lässt neue Umlage im Oktober in Kraft treten. Sie wird Verbraucher weitere Hunderte Euro zusätzlich kosten. Und die neuen Inflationszahlen zeigen: Es ist nicht das Einzige, was die Bürger belastet.

Von Markus Balser, Berlin

Millionen Gaskunden in Deutschland müssen sich auf deutlich höhere Rechnungen einstellen. Die Bundesregierung will Gaskonzernen von 1. Oktober an die Weitergabe der rasant gestiegenen Preise an Haushalte und Industrie erlauben - trotz laufender Verträge. Wirtschaftsminister Robert Habeck warnte am Donnerstag vor der "größten Energiekrise" in Deutschland und sprach von einer "bitteren Nachricht".

Die Höhe der Umlage steht zwar noch nicht endgültig fest. Sie soll aber zwischen 1,5 und 5 Cent pro Kilowattstunde liegen. Bei einem durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt komme man etwa auf einen "mittleren Hundert-Euro-Betrag" zusätzlich, sagte Habeck. Falls die Gaspreise an den Rohstoffmärkten weiter steigen, fürchten Fachleute, könnte die Umlage aber auch bei bis zu 1000 Euro liegen. Viele Verbraucher müssen die Kosten selbst schultern. Die Regierung will in einem weiteren geplanten Entlastungspaket nur Bedürftigen helfen.

Mit der von Kanzler Scholz bereits angekündigten Umlage reagiert die Bundesregierung auf die Existenznot von Gasfirmen und will Pleiten abwenden. Konzerne wie Uniper straucheln, weil sie die durch gedrosselte russische Gaslieferungen entstandene Lücke zu den vielfachen Preisen am Markt schließen müssen. Bislang durften sie die Kosten jedoch nicht an Kunden weitergeben. Damit nicht die Kunden einzelner strauchelnder Firmen allein die hohen Kosten tragen, soll die Umlage auf alle Gaskunden verteilt werden. Ihre genaue Höhe soll bis Ende August feststehen.

Auslöser der hohen Preise ist der im Zuge des Ukraine-Kriegs eskalierte Gaskonflikt zwischen Deutschland und Russland. Unter Vorwänden liefert Gazprom deutlich weniger Gas durch die größte Pipeline Nord Stream 1 als möglich. Russland macht Siemens wegen angeblicher Verzögerungen beim Liefern einer Turbine dafür verantwortlich. Der Konzern wehrt sich dagegen mit klaren Worten. Alle erforderlichen Dokumente lägen vor, erklärte Siemens. Was hingegen fehle, seien erforderliche Zolldokumente für den Import nach Russland. Die aber könnten nur von Gazprom bereitgestellt werden. Ein Ende des Gasstreits ist damit nicht in Sicht.

Das Statistische Bundesamt machte am Donnerstag deutlich, wie stark die Deutschen derzeit von steigenden Preisen auf breiter Front getroffen werden. Im Juli verteuerte sich Energie um mehr als 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Nahrungsmittel kosteten fast 15 Prozent mehr. Die Verbraucherpreise stiegen der Behörde zufolge im Juli insgesamt um 7,5 Prozent - im Mai lag das Plus noch bei fast acht Prozent. Hohe Inflationsraten schmälern die Kaufkraft, der Wert jedes Euro sinkt. Besonders ärmere Haushalte trifft das stark und birgt sozialen Sprengstoff.

Wirtschaftsforscher mahnen deshalb umfassendere Hilfsprogramme an. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, spricht sich für dauerhaft um 100 Euro pro Person erhöhte Sozialleistungen aus und eine ähnliche Summe für alle Haushalte mit weniger als 40 000 Euro Einkommen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: