Endspurt im US-Wahlkampf:Die doppelte Palin

In den USA zählt es zu den Qualifikationen für einen Politiker, mitlachen zu können. Doch Sarah Palin versagt - und bestätigt damit, was sich viele denken: Dass sie den Anforderungen des Amtes kaum gewachsen wäre.

Reymer Klüver, Washington

Richtig berühmt geworden ist sie als eine andere. Nicht dass die Kabarettistin und Schauspielerin Tina Fey in den USA nicht schon vorher eine feste Größe gewesen wäre. Die 38-Jährige hat bereits mehrere Golden Globes und Emmys, die begehrtesten Preise im amerikanischen Showbusiness erhalten.

Endspurt im US-Wahlkampf: In der US-Satiresendung Saturday Night Live doubelt die Schauspielerin Tina Fey Sara Palin.

In der US-Satiresendung Saturday Night Live doubelt die Schauspielerin Tina Fey Sara Palin.

(Foto: Foto: AP)

Doch ein internationaler Star wurde Tina Fey, als sie Mitte September in der Satiresendung Saturday Night Live Sarah Palin darstellte, die Spontankandidatin des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers John McCain für den Vizeposten. Seitdem ist Fey als Palin Kult. Am Samstag sind die beiden sich in einer Sendung erstmals begegnet. Doch der Versuch Palins, ihrem Double die Show zu stehlen, misslang.

Täuschend ähnlich verkörpert Fey Palin nicht nur äußerlich, mit der hochgesteckten Turmfrisur, der auffälligen Brille und den konservativen Bürokostümen, die die Kandidatin bei ihren ersten Auftritten trug.

Fey beherrscht auch deren Gestik und vor allem deren Sprache geradezu perfekt - und legt um so schmerzhafter bloß, was vielen Amerikanern nach der anfänglichen Begeisterung über McCains potentielle Stellvertreterin rasch dämmerte: Dass sie den Anforderungen des Amtes kaum gewachsen wäre.

Das Video von Feys Sketch wurde zum Hit im Internet. Mehr als fünf Millionen hatten es innerhalb einer halben Woche gesehen. Palin selbst machte bisher gute Miene zum bösen Sketch, dem an den Samstagen danach weitere folgten.

McCains Wahlkampftruppe hingegen schäumte. Doch wirklich etwas tun konnte sie nicht. Im Gegenteil: Rasch wurden Rufe laut, die Gouverneurin von Alaska solle selbst einmal live in der Sendung dabei sein. Am Samstag nun trat Palin tatsächlich in der Show auf - als sie selbst.

In den USA zählt es zu den Qualifikationen für einen Politiker, mitlachen zu können, beispielsweise wenn sich Kabarettisten über sie lustig machen. Und es wird eigentlich erwartet, dass sie so viel Humor beweisen, sich selbst auf die Schippe zu nehmen. Der noch amtierende Präsident war ziemlich gut darin. Nach seinen humorigen Auftritten beim alljährlichen Dinner der Korrespondenten im Weißen Haus hatte George W. Bush stets die beste Presse.

Palin, die seit ihrer Nominierung keine Pressekonferenz gegeben hat und nur selten auf Fragen von Reportern spontan reagiert, sagte auch bei ihrem Auftritt bei Saturday Night Live wenig. Immerhin eröffnete sie die Show mit dem Standardsatz: "Live from New York, it's Saturday Night Live."

Eigentlich hätte sie in der Sendung rappen sollen. Dann allerdings schaute sie lieber nur zu und wippte mit dem Kopf. Unter anderem hieß es in dem Stück, dass Palin von ihrer Haustür aus Russland sehen könne - eine Anspielung auf eine ihrer Äußerungen, in der sie die Nähe Alaskas zu Russland als außenpolitische Qualifikation angeführt hatte.

So etwas, sagte Palin, habe sie dann doch nicht singen wollen, weil "es schlecht für den Wahlkampf" wäre.

Das konnte dann selbst Tina Fey nicht toppen. Sie hofft nur eins: Dass sie nach der Wahl am 4. November nicht eine Vizepräsidentin Palin geben muss. "Das würde ich nicht aushalten."

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