Endlagersuche:Zielmarke 2031

Barbara Hendricks

"Das ist der Schlussstrich unter die alte Methode Endlager, wie wir sie in Gorleben erlebt haben", sagt Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD).

(Foto: dpa)

Das Kabinett hat das Gesetz zur Endlagersuche beschlossen. Nun sollen in ganz Deutschland Standorte gesucht werden. Auch die Öffentlichkeit wird beteiligt.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

"Historisch betrachtet", sagt Barbara Hendricks, sei dies vielleicht ihr wichtigstes Gesetz der Legislaturperiode. "Wir beenden das Atommüllchaos und geben dem Suchprozess eine klare Grundlage", sagt die Umweltministerin von der SPD. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett das entsprechende Gesetz verabschiedet. Die Suche nach einem Atommüll-Endlager wird damit zwar nicht einfacher. Aber ihr vielfach diskutierter Start rückt näher.

Entstehen soll es im Wechselspiel zweier staatlicher Stellen. Die eine ist die "Bundesgesellschaft für Endlagerung", eine staatseigene GmbH mit Sitz im niedersächsischen Peine. Sie soll - ausgehend von einer "weißen Landkarte" - den Kreis potenzieller Endlager-Standorte immer weiter einengen. Zunächst sucht sie denkbare Regionen aus, untersucht dort die geologischen Bedingungen, um dann an wenigen Orten in die untertägige Erkundung einzusteigen - bis schließlich ein "Standort mit der bestmöglichen Sicherheit" feststeht.

Überwacht wird dies alles vom neu geschaffenen Bundesamt für kerntechnische Entsorgung. Die Berliner Behörde kontrolliert die Arbeit der Bundesfirma und macht Empfehlungen für den jeweils nächsten Schritt. Welche Regionen untersucht werden, welche Orte in die engere Wahl kommen und welche unterirdisch untersucht werden, legt jeweils der Gesetzgeber fest. "Das ist der Schlussstrich unter die alte Methode Endlager, wie wir sie in Gorleben erlebt haben", sagt Hendricks. "Das war die politisch willkürliche Festlegung, ein historischer Fehler."

Die politische Festlegung weicht nun einer öffentlich vielfach hin- und hergewendeten. Fast zwei Jahre lang hatte eine Expertenkommission zusammen mit Bund und Ländern über ein Verfahren für die Endlagersuche gebrütet, der Gesetzentwurf soll ihre Erkenntnisse nun umsetzen. Dazu zählt vor allem eine weit reichende Beteiligung der Öffentlichkeit. So soll schon nach der ersten Festlegung grober Regionen eine "Fachkonferenz Teilgebiete" einberufen werden. Ein halbes Jahr sollen Bürger, Wissenschaftler und Kommunalpolitiker hier Zeit bekommen, sich mit den ausgewählten Regionen zu befassen. Parallel soll es "Regionalkonferenzen" geben und schließlich einen "Rat der Regionen", dem Vertreter der betroffenen Regionen angehören. Er soll "Hilfestellung beim Ausgleich widerstreitender Interessen der Standortregionen" bieten.

Ganz unabhängig davon hatte der Bund im Herbst ein "Nationales Begleitgremium" eingerichtet, das vor allem die Beteiligung der Öffentlichkeit überwacht. Ihm sitzen der einstige Umweltminister Klaus Töpfer und die Politikwissenschaftlerin Miranda Schreurs vor. Als Erstes will das Gremium im Februar eine Anhörung veranstalten - zum Gesetzesentwurf.

An Gremien für die Standortauswahl fehlt es damit nicht. Gleichzeitig setzt der Gesetzentwurf einen ehrgeizigen Zeitrahmen: Bis 2031, so sieht es schon Paragraf 1 vor, soll der Ort des Endlagers gefunden sein. Für das ganze aufwendige Verfahren samt Beteiligung, Bundesgesetzen und ersten Bauarbeiten bleiben so 15 Jahre. Große Vorarbeiten hat es bisher noch nicht gegeben - schließlich sollte erst einmal die Endlagerkommission ihre Arbeit abschließen.

Gewaltige Streitpunkte gibt es immer noch, im Kabinett wanderten sie am Mittwoch in eine Protokollerklärung. In dem kurzen Papier stellen die drei CSU-geführten Ministerien klar, dass sich die Qualität eines Endlagers allein am sogenannten "einschlusswirksamen Gebirgsbereich" entscheide, also an der Geologie. Andere Schutzvorkehrungen, etwa spezielle Schutzwände im Innern, dürften keine Rolle bei der Bewertung spielen. Sie ließen keine "gleichwertige und gleich robuste Sicherheitsaussage" zu, heißt es in der Erklärung der bayerischen Minister. Von Belang wäre diese Einschränkung vor allem für Endlager in Granit, die solche zusätzlichen Schutzvorkehrungen verlangen. Zufall oder nicht: Solcher Granit findet sich vor allem in Bayern.

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