Endlager-Kommission:Mehr Sicherheit, mehr Mitsprache

Nach 14 Stunden Abschlussdebatte und zwei Jahren Arbeit ist der Bericht der Endlagerkommission fertig. Auf dessen Basis soll nun ein neuer Standort für Atommüll gefunden werden - theoretisch im ganzen Land.

Von M. Bauchmüller, Berlin

Als nach 14 Stunden Debatten der Bericht steht, reicht die Kraft nicht mal mehr für einen Anflug von Freude. Zwei Jahre lang haben die 33 Mitglieder der Endlagerkommission an ihrem Bericht gearbeitet. Doch in der Nacht zum Dienstag verabschieden sie ihn ohne großen Pathos. "Wo bleibt die Euphorie?" fragt Ursula Heinen-Esser, eine von zwei Vorsitzenden der Kommission. Doch die meisten Experten zieht es nun nur noch an die frische Luft.

Dabei hatten viele ein derart geschlossenes Ergebnis nicht mehr erwartet. Monatelang hatte sich die Kommission immer wieder an Streitfragen festgebissen, oft kreisten sie um das umstrittene Endlagerprojekt Gorleben. Doch den Beschluss über den Bericht fasste die Kommission nur mit einer Gegenstimme.

Der Atommüll könnte in Salz, Ton und Granit gelagert werden - im Prinzip überall

Auf Basis des Berichts soll nun der "Standort mit bestmöglicher Sicherheit" gesucht werden. Grundsätzlich kann dieser Ort überall sein, der Bericht geht von einer "weißen Landkarte" aus. In Frage kommen damit Endlager in Salz, Ton und Granit. Eine Vorgabe für die Höchsttemperatur, die das Gestein aushalten muss und die für die Einlagerung der Castoren in einem Salzstock gesprochen hätte, wurde noch in der letzten Nacht angepasst. Mit einer Höchsttemperatur der Castoren von 100 Grad Celsius sind alle Gesteine gleichermaßen geeignet. Insgesamt elf Kriterien für ein Endlager stellte die Kommission auf, die im wesentlichen die geologischen Bedingungen skizzieren, etwa die Dichtigkeit und Stabilität eines Bergwerks. Für einen Zeitraum von einer Million Jahren soll das Endlager den Atommüll sicher aufbewahren - sofern sich das prognostizieren lässt. Derzeit befinden sich die Castoren in oberirdischen Zwischenlagern.

Auch das Verfahren für die Beteiligung der Öffentlichkeit legte die Kommission fest. Demnach soll zunächst eine bundeseigene Endlagerbau-Firma Vorschläge für potenzielle Standorte unterbreiten. Diese werden von der neu geschaffenen Endlager-Behörde BfE überprüft und auf "Regionalkonferenzen" mit Bürgern erörtert. Aus den Ergebnissen sollen dann Regionen ausgewählt werden, über die Bundestag und Bundesrat entscheiden. Noch ehe die Bagger zu buddeln beginnen, sollen Bürger Klagen dürfen - und nicht erst dann, wenn auf Basis der Untersuchungen unter Tage eine Entscheidung fällt. Wie lange das dauern wird, ist unklar. Den von der Regierung skizzierten Zeitrahmen bis 2031 bezeichnet der Bericht als "letztlich unrealistisch".

Einzig der Vertreter des Umweltverbands BUND wandte sich bei der Abstimmung gegen das Papier - unter anderem, weil dieser den Standort Gorleben nicht explizit ausschließe. Ähnliche Kritik äußerten Atomkraftgegner und Greenpeace. Nach Auffassung des anderen Vorsitzenden der Kommission, Michael Müller, ist aber genau das geschehen. "Wenn wir unsere Arbeit selbst ernst nehmen, dann ist Gorleben raus", sagte er. "Die neuen Kriterien sind letztlich Kriterien gegen Gorleben."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: