Endlager-Debatte:Streit über Gorleben wird schärfer

"Unredlichkeit und Irreführung": Umweltminister Gabriel weist den Vorwurf zurück, er habe "unbewiesene Vermutungen" verbreitet - und geht in die Offensive.

M. Bauchmüller

Im Streit über Vergangenheit und Zukunft des geplanten Endlagers Gorleben wird der Ton zunehmend schärfer. In einem Schreiben an Kanzleramts-Chef Thomas de Maizière (CDU) wies Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag Vorwürfe aus dem Kanzleramt "mit aller Entschiedenheit" zurück. De Maizière hatte Gabriel in einem Brief vorgeworfen, er setze "unbegründete Fälschungsvorwürfe" und "unbewiesene Vermutungen" in die Welt.

Gabriel wiederum griff de Maizière scharf an. "Sie unterstellen denjenigen, die jetzt nach mehr als dreißig Jahren die Öffentlichkeit (...) informieren, Unredlichkeit und Irreführung." Dies sei "abenteuerlich und rein politisch motiviert".

Am Mittwoch war ein Fernschreiben aus dem Jahr 1983 bekanntgeworden, in dem Beamte des Forschungsministeriums weitreichende Änderungen an einem entscheidenden Gutachten über Gorleben verlangten. Kritische Aussagen des Gutachtens sollten getilgt werden, das wenig später Grundlage eines Kabinettsentscheids über die weitere Erkundung Gorlebens war.

Der Niedersachse Gabriel hatte dies dazu genutzt, von Gorleben abzurücken. Schon vor zwei Wochen war bekanntgeworden, dass zeitliche Probleme auf Gorleben zukommen: Ende 2015 laufen Verträge aus, mit denen Grundeigentümer aus der Region dem Bund die Erkundung des Salzstocks gestattet hatten. Dies und die wachsenden Zweifel entzögen Gorleben die Basis. "Damit hat der Standort Gorleben faktisch keine Realisierungschance mehr", so Gabriel.

In einer eilig einberufenen Telefonkonferenz einigten sich die beteiligten Ministerien am Donnerstag darauf, die Entstehung des Gutachtens vom Mai 1983 gemeinsam aufzuarbeiten. Unter Federführung des Bundeskanzleramtes soll eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden; Umwelt-, Wirtschafts- und Forschungsministerium wirken daran mit. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sollen beteiligt werden.

Der ehemalige Kanzler Kohl unterstützt einem Sprecher zufolge die "zügige Aufklärung" der Vorwürfe. Der CDU-Politiker stehe in "engem Kontakt mit dem Kanzleramt", meldete die Frankfurter Rundschau.

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