"Am heutigen Tag haben die nationalen Truppen ihre letzten militärischen Ziele erreicht. Die rote Armee ist entwaffnet und besiegt. Der Krieg ist beendet." Am 1. April 1939 unterzeichnete General Francisco Franco den letzten Heeresbericht des Spanischen Bürgerkrieges. Damit endeten die fast drei Jahre währenden Kämpfe zwischen dem republikanischen Lager und den Putschisten um Franco.
Es war ein grausam geführter Krieg und die Zahl seiner Opfer war immens. Etwa eine halbe Million Menschen wurden in dem Konflikt getötet - und zwar nicht nur in direkten Kampfhandlungen zwischen Soldaten, sondern auch bei Luftangriffen auf Zivilisten, politischen "Säuberungen" und in Folge von Kriegsgerichtsurteilen. Zahllose Menschen wurden verwundet. Zu Kriegsende sind zudem etwa eine halbe Million Spanier ins Ausland geflohen - aus Furcht vor Repressalien der siegreichen Faschisten. 200 000 von ihnen sollten dauerhaft im Exil bleiben.
Als im Juli 1936 nationalistische Militärs gegen die Zweite Republik putschten, war der Ausgang des Bürgerkrieges nicht abzusehen. Im Grunde war nicht einmal klar, dass der Aufstand sich tatsächlich zu einem ausgewachsenen Bürgerkrieg entwickeln würde. "Wenn es ein innerspanischer Konflikt geblieben wäre, wäre der wahrscheinlich innerhalb weniger Tage oder Wochen zum Erliegen gekommen - allein schon aus Munitionsmangel", sagt der deutsch-spanische Historiker Carlos Collado Seidel. Er erforscht seit Jahren Aspekte des Bürgerkriegs und der Franco-Dikatur.
Ein bisschen Beteiligung von Nazi-Deutschland
Auch eine schnelle Niederschlagung des Konflikts wäre möglich gewesen, wenn Frankreich dem unmittelbar erfolgten Hilfeersuchen der demokratisch gewählten Madrider Regierung nach Waffenlieferungen gefolgt wäre, so Collado Seidel. Doch die schwache Volksfront-Regierung in Paris hörte nicht auf den Ruf der südlichen Nachbarn, sondern orientierte sich an Großbritannien. Und das konservative London zeigte kein Interesse an der Unterstützung einer irgendwie linksgerichteten Republik.
Entscheidend für den Verlauf des Krieges wurde daher das Engagement der späteren Achsenmächte Deutschland und Italiens. Die unterstützten das nationalistische Lager massiv mit Truppen und Kriegsgerät. Wie wirksam und zugleich brutal der Einsatz der deutschen Legion Condor in Spanien war, zeigte sich beim völkerrechtswidrigen Angriff auf Guernica: Gemeinsam mit italienischen Verbänden legte die deutsche Luftwaffe die baskische Stadt am 26. April 1937 in Schutt und Asche.
Spanischer Bürgerkrieg:So ließ Hitler für Franco morden
Vor 80 Jahren triumphiert General Franco im Spanischen Bürgerkrieg. Entscheidend für seinen Sieg war die militärische Hilfe durch Hitler und Mussolini.
Doch was bewog die NS-Diktatur unter Adolf Hitler zum Einsatz im relativ fernen Spanien? "Wir beteiligen uns so ein bißchen in Spanien. Nicht sichtbar. Wer weiß, wozu es gut ist." Was Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels in sein Tagebuch notierte, klingt nicht gerade nach einer dezidierten Strategie. Im Gegensatz zur Mittelmeermacht Italien, der eine klare Absicht unterstellt wird, ihren Einflussbereich zu erweitern, wurde über die deutschen Motive in der Forschung lange heftig debattiert.
Halbherziges Engagement der Sowjets
Dabei hat sich weitgehend die Überzeugung durchgesetzt, dass es eine etwas diffuse Mischung aus ideologischen und geostrategischen Überlegungen war, die hier eine Rolle spielten: So trieb Hitler die Angst vor einer "Bolschewisierung" in Spanien und womöglich auch Frankreich um. Er wollte nicht von kommunistischen Staaten eingekeilt sein, sondern hoffte auf ein "dem 'Dritten Reich' dankbar verbundenes, nationales Spanien, das dazu beiträgt, den 'Erbfeind' Frankreich von zwei Seiten unter Druck zu setzen", sagt Collado Seidel.
Überlegungen, den Spanischen Bürgerkrieg als "militärisches Experimentierfeld" (Luftwaffen-Oberbefehlshaber Hermann Göring) nutzen zu können, die häufig als Grund für die deutsche Kriegsbeteiligung genannt werden, gewannen demgegenüber erst im Laufe des Krieges an Bedeutung.
Im Gegensatz zu den Putschisten erhielt das republikanische Lager nur zögerlich Unterstützung aus dem Ausland. Die Sowjetunion sah sich erst durch die massive Militärhilfe Hitlers und Mussolinis dazu gezwungen, ebenfalls in den Konflikt in Spanien einzugreifen. "Moskau kam der Hilferuf aus Madrid zunächst überhaupt nicht gelegen", stellt Spanien-Experte Collado Seidel fest. Im Inneren waren Stalins Säuberungen in vollem Gange. Und außenpolitisch strebte der Sowjetführer eine gegen Hitler-Deutschland gerichtete Übereinkunft mit Großbritannien an.
Mit Blick auf die Westmächte beabsichtigte Stalin denn auch nicht die unmittelbare Errichtung eines sozialistischen oder gar kommunistischen Staates, wie von manchen Verteidigern der Zweiten Republik erhofft. Ihm ging es vor allem um die Abwehr des Faschismus. Die sowjetische Hilfe für die Verteidiger der spanischen Republik war zudem weniger kontinuierlich als die aus Berlin und Rom für die Franco-Truppen.
Zusätzlich geschwächt wurden die Verteidiger der Zweiten Republik aber auch durch ihre eigene Zersplitterung. "Das republikanische Lager war in sich tief gespalten", sagt Collado Seidel. Neben Anhängern einer bürgerlichen parlamentarischen Demokratie gab es pragmatische oder sozialrevolutionäre Sozialisten, aber auch Kommunisten, trotzkistisch orientierte Parteigänger und das sehr starke Lager der Anarchisten, die vor allem in Katalonien, Aragonien und Valencia zu Beginn des Bürgerkrieges sofort Hunderte Kollektivierungen durchsetzten, sowie - ideologisch und politisch völlig entgegengesetzt - baskische und katalanische Nationalisten. Als einigendes Band all dieser unterschiedlichen Strömungen blieb letztlich nur der Abwehrkampf gegen die Putschisten.
Verstärkt wurde der Zwist durch den zunehmenden Einfluss der von der Sowjetunion gelenkten Kommunisten, die zum Teil sehr brutal gegen den "Feind in den eigenen Reihen" vorgingen. Innerhalb der Freiwilligenverbände der Internationalen Brigaden wurden vermeintlich subversive Kräfte ebenfalls unnachgiebig verfolgt.
Auch auf Seiten der Putschisten gab es unterschiedliche Gruppierungen. Doch Franco gelang es, die faschistischen, zum Teil auch sozialrevolutionären Kräfte der Falange und die reaktionär-katholischen Gruppierungen im April 1937 zu einer Partei zu fusionieren. "Das Franco-Lager war ein Militärregime, im Kriegszustand, unter Kriegsrecht, und vor allem keiner zivilen Kontrolle unterworfen. Da herrschten ganz andere Bedingungen als bei der Regierung auf der republikanischen Seite", erklärt Collado Seidel die Gründe, warum es Franco besser gelang, das eigene Lager auf Linie zu bringen - und mit Hilfe seiner Verbündeten in Deutschland und Italien zum Sieg zu führen.
Gebot des Schweigens
Der 1. April 1939 markiert das Ende des Spanischen Bürgerkrieges und zugleich den Beginn der Franco-Diktatur. Sie sollte erst Jahrzehnte später enden, mit dem Tode Francos im Jahr 1975. Wie sehr die Bürgerkriegsgeschichte auch noch diesen Zeitraum bestimmte, wie sehr die Spaltung in die "Zwei Spanien" nicht nur weiterwirkte, sondern noch zementiert wurde, ist erst in jüngerer Zeit wirklich deutlich geworden.
In den Jahren nach Franco schien zunächst Konsens darüber zu herrschen, dass die Gräben der Vergangenheit nicht aufgerissen, sondern durch Schweigen überdeckt werden sollten. Eine Aufarbeitung der Bürgerkriegsverbrechen und der massiven Repressionen der Franco-Ära wurde einem zumindest vordergründig vorhandenen gesellschaftlichen Frieden geopfert. Der Krieg sei "kein Ereignis, dessen man gedenken sollte", sagte selbst der sozialistische Ministerpräsident Felipe González, der Spaniens von 1982 bis 1996 regierte.
Mit zunehmendem Abstand zur Zeit der Diktatur sind jedoch insbesondere die Nachfahren der Opfer des franquistischen Terrors nicht mehr bereit, über die Verbrechen der Vergangenheit zu schweigen. Sie fordern Aufklärung und eine Rehabilitierung der Opfer. Vor allem seit im Zuge der sogenannten Gedächtnisbewegung seit der Jahrtausendwende immer mehr Tote exhumiert werden - mittlerweile sind es schon mehr als 20.000 -, die von Francos Schergen in Massengräbern verscharrt wurden, hat die Debatte über die Bewertung des Bürgerkriegs und der anschließenden Franco-Zeit breite Teile der Öffentlichkeit erfasst.
"Spanischer Holocaust"
Der neue Blick auf die Verbrechen Francos spiegelt sich aber auch in der historischen Forschung wider, die den "Gewaltcharakter" (Collado Seidel) des Regimes immer deutlicher herausstellt. Gegner der faschistischen Falange wurden auch nach dem Krieg zu Zehntausenden hingerichtet oder "verschwanden" einfach, sie wurden ins Gefängnis geworfen, enteignet, mit Berufsverboten belegt - oft wurden sogar die Familien bereits Hingerichteter zu Entschädigungszahlungen genötigt, die sie in den finanziellen Ruin trieben. Der Vernichtungswille gegenüber den vorherigen Gegnern war über Jahrzehnte hinweg so massiv, dass der große britische Spanienhistoriker Paul Preston hierfür den Begriff des "Spanischen Holocaust" prägte.
Erklären lässt sich der Terror gegenüber den Anhängern der Republik und ihren Angehörigen nur aus seinen Wurzeln im Bürgerkrieg. Eine zentrale Rolle wird hierbei der in den Kolonialkriegen brutalisierten und fanatisierten Afrikaarmee zugeschrieben, in der sich auch Franco seine militärischen Sporen verdient hatte. Ihre Kämpfer zogen mit dem Ziel in den Bürgerkrieg, Spanien von "unspanischen Elementen" zu befreien und von "inneren Feinden" zu reinigen.
Wie sehr diese ideologische Grundlage das Handeln der Franco-Truppen bestimmte und wie sehr sich ihr Vorgehen dadurch von dem der republikanischen Truppen unterschied, hat Preston deutlich aufgezeigt. Demnach wurde während des Bürgerkriegs von beiden Seiten Terror auch gegen Zivilisten ausgeübt. Der britische Historiker macht jedoch deutlich, dass die von den Verteidigern der Republik begangenen Verbrechen eher am Anfang des Bürgerkriegs standen und in dem Maße zurückgingen, wie die Regierung in Madrid die eigenen Truppen unter Kontrolle brachte.
Ganz anders auf Seiten der Nationalisten: Unter dem Kommando Francos wurde der Terror zur offiziellen Politik erhoben. Anhänger der Republik auch weit entfernt von den Fronten verfolgt und wahllos ermordet, systematisch Frauen vergewaltigt, um die vermeintlichen Bolschewisten und Feinde einer natürlichen Ordnung zu demoralisieren. Diese Ideologie und das damit verbundene Ziel einer auch physischen Auslöschung der politischen Gegner blieb nach dem Krieg Leitbild für Francos Handeln.
Sein Sieg diente dem General als Legitimation für den gesamten Zeitraum seiner Herrschaft. "Das Franco-Regime ist ohne den permanenten Bezug auf den Bürgerkrieg nicht zu erklären", sagt Spanien-Experte Collado Seidel. Und so bedeutet der 1. April 1939 nach Ansicht herausragender Kenner der Materie wie Paul Preston oder des Historikers Angel Viñas für Spanien vielleicht weniger eine tiefgreifende Zäsur, als vielmehr einen sichtbaren Zwischenschritt auf dem Weg in das franquistische Terror-Regime.
Linktipps:
- In der Zeit erläutert Carlos Collado Seidel den Aufstieg Francos zum Diktator.
- Auf der Website The Volunteer findet sich ein Interview mit dem britischen Spanien-Historiker Paul Preston, in dem er als Person vorgestellt und zugleich die Spanien-Forschung beleuchtet wird.