Es hätte ein großes Fest werden sollen, das die weltweit 1,6 Milliarden Muslime vereint in diesen Zeiten des politischen Aufruhrs. Mit umso größerem Eifer gingen die Religionsgelehrten in der vergangenen Woche ans Werk, um das Ende des Monats Ramadan zu bestimmen.
Weltweit zückten sie Ferngläser, stiegen auf Aussichtstürme und blickten in den Himmel, um den allerersten Schein des zunehmenden Mondes zu entdecken, der nach gängiger Auslegung des Korans das Ende des Fastenmonats und den Beginn eines dreitägigen Festes bestimmt. Am vergangenen Montag verkündeten saudische Theologen, sie hätten die Mondsichel gesichtet und die große Feier könne beginnen - eine Entscheidung, die Gläubige weltweit entzweit.
Auf Seiten der Zweifler meldete sich Hatem Auda, der Direktor des ägyptischen Nationalinstituts für Astronomie und Geophysik, zu Wort. Berechnungen der Himmelskörper hätten ergeben, dass der Mond erst einen Tag später sichtbar gewesen sei, verkündete er.
Noch kategorischer äußerte sich sein Kollege Maged Abou Zahra, der Präsident der Astronomischen Gesellschaft in der saudischen Stadt Dschidda: "Das Erblicken des Neumonds wäre einfach unmöglich gewesen", bekannte er. Eine Erklärung dafür, dass das Ende des Fastenmonats womöglich verfrüht ausgerufen wurde, lieferten die Astronomen gleich mit: Das Licht, das die Gelehrten für den Mond gehalten hatten, muss von einem anderen Gestirn gekommen sein: vom Planeten Saturn.
Traditionalisten und Reformer
Auch in der Vergangenheit waren immer wieder Zweifel am genauen Ende der Fastenzeit aufgekommen, die je nach Sichtbarkeit des Mondes 29 oder 30 Tage dauert. Aufgrund dieser Unsicherheit richten sich die meisten Muslime nach dem Urteil aus Saudi-Arabien, dessen König offiziell Wächter der heiligen Moscheen in Mekka und Medina ist. Doch dieses Jahr ist die Kritik besonders laut - nicht zuletzt weil die politische Situation in der islamischen Welt besonders gespannt ist.
Da überrascht es nicht, dass die schwersten Vorwürfe aus Iran kommen, dem schiitischen Gegenspieler der sunnitischen Monarchie Saudi-Arabien. Die strittige Verkündung aus Riad habe Muslime dazu verleitet, eine Sünde zu begehen und am letzten Fastentag zu feiern und üppig zu speisen, kritisierte die halb-staatliche iranische Nachrichtenagentur Fars, die enge Verbindungen zu den Revolutionsgarden in Teheran pflegt. Saudische Regierungsvertreter hätten sich nach der Verkündung bei ihren Landsleuten entschuldigt und Sühnezahlungen für das Land versprochen, berichtete Fars ein unbestätigtes Gerücht.
Zusätzlich zu diesem Streit zwischen den muslimischen Glaubensrichtungen legt die Frage nach dem Ende des Ramadan einen weiteren Graben frei: den zwischen Traditionalisten und Reformern. Erstere verweisen auf die historische Bedeutung menschlicher Beobachter und verweisen auf die Aussage des Propheten Mohammed, der über die Mondsichel sagte: "Brecht das Fasten erst, wenn ihr sie seht."
Hingegen plädieren andere für moderne Mittel. So sagte etwa Ahmed al-Haddad, der Großmufti von Dubai, der örtlichen Zeitung Khaleej Times: "Wir brauchen einen speziellen Satelliten, der allen beteiligten muslimischen Ländern verbindliche Ergebnisse liefert." Nur so könnten menschlicher Irrtum und Streit unter Muslimen verhindert werden, sagte er und ergänzte: "Eine Gruppe von muslimischen Gelehrten an der ägyptischen Universität al-Azhar arbeitet genau an diesem Projekt."