Ende der Wehrpflicht in Deutschland:Herr Lehmann muss zum Bund

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Am 1. Dezember erhielt er den Einberufungsbescheid, an diesem Montag tritt er seinen Dienst an: Ein Gespräch mit René Lehmann, der zur letzten Generation der Wehrpflichtigen gehört.

Kathrin Haimerl

Historischer Tag in Deutschland: Nach mehr als 50 Jahren endet die Wehrpflicht zum 1. Juli. Somit darf die Bundeswehr an diesem Montag zum vorerst letzten Mal Rekruten gegen deren Willen einberufen. 12.150 junge Leute sind es, die zu Jahresbeginn ihren Dienst antreten. Einer davon ist René Lehmann. Der 22-jährige Fluggerätemechaniker ist von Dresden nach Roth in Bayern gefahren und wird die nächsten sechs Monate beim Luftwaffenausbildungsregiment verbringen.

An diesem Montag treten die vorerst letzten Wehrpflichtigen ihren Dienst an. (Foto: dapd)

sueddeutsche.de: Herr Lehmann, wie ist die Stimmung im Moment?

René Lehmann: Ich bin etwas aufgeregt, aber im Moment geht es mir noch ganz gut.

sueddeutsche.de: Wie sah Ihr erster Tag heute aus?

Lehmann: Ich bin so gegen zehn Uhr hier in Roth angekommen, habe erst mal einen kurzen Rundgang gemacht und mich zu meiner Kompanie durchgefragt.

sueddeutsche.de: Hört sich eher entspannt an.

Lehmann: Nun ja, ich denke, dass sich das ändern wird, in den nächsten Wochen wird ein anderer Ton herrschen. Strenger und rauer. Außerdem muss ich morgen um 4.45 Uhr aufstehen. Das hat man mir zumindest gesagt.

sueddeutsche.de: Haben Sie Ihr Zimmer schon bezogen?

Lehmann: Nein. Ich weiß nur, dass ich es mir die nächsten sechs Monate mit drei bis fünf Leuten teilen muss.

sueddeutsche.de: Wann haben Sie Ihren Einberufungsbescheid erhalten?

Lehmann: Das war am 1. Dezember des vergangenen Jahres.

sueddeutsche.de: Sehr kurzfristig also. Hatten Sie gehofft, irgendwie um den Bund herumzukommen?

Lehmann: Sagen wir es so, ich habe nicht mit allen Mitteln versucht, der Wehrpflicht zu entkommen, hatte mir aber eine 50-prozentige Chance ausgerechnet. Ich hatte 2009 schon einmal einen Einberufungsbescheid erhalten. Damals habe ich meinen Arbeitgeber darum gebeten, dass er einen Antrag auf Zurückstellung einreicht. Dass da noch was nachkommen würde, konnte ich mir schon ausrechnen.

sueddeutsche.de: Wie haben Ihre Familie und Freunde reagiert?

Lehmann: Die waren geteilter Meinung. Die einen sagten, was für ein Pechvogel. Andere hingegen sagten, ich hätte Glück gehabt.

sueddeutsche.de: Warum das denn?

Lehmann: Dass ich die Erfahrung als Pflichtsoldat noch mitmachen darf. Viele meine Bekannten finden, ihre Zeit beim Bund sei eine gute Zeit gewesen.

sueddeutsche.de: Und wie sehen Sie es selber? Finden Sie es nicht ungerecht, dass Sie in letzter Minute noch eingezogen wurden?

Lehmann: Nein, ungerecht behandelt gegenüber den anderen fühle ich mich nicht. So ist es halt nun. Ich gehöre eben jetzt zur letzten Generation der Wehrpflichtigen.

sueddeutsche.de: Was erwarten Sie sich von den nächsten Monaten?

Lehmann: Einen neuen Lebensabschnitt, neue Erfahrungen. Vielleicht auch im Ausland. Außerdem finde ich es als Fluggerätemechaniker interessant, neben der zivilen auch die militärische Seite der Luftfahrt kennenzulernen. Ich sehe es als Herausforderung.

sueddeutsche.de: Und wie geht es nach dem Wehrdienst für Sie weiter?

Lehmann: Ich kann an meinen Arbeisplatz in Dresden zurückkehren.

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