Emmanuel Macron:"Ich bitte, dass ihr mir vertraut"

Macron kündigt Militärschlag in Syrien an

Macron will nahbarer wirken - und gibt dafür ein Interview in einer Grundschule in der Normandie.

(Foto: dpa)

In Frankreich mehren sich die Proteste gegen die Reformpolitik des Präsidenten. Nun versucht Macron, sein Image zu polieren - mit einem seltenen Fernsehinterview an einem sehr ungewöhnlichen Ort.

Von Leila Al-Serori

Er sitzt in einem Raum für die ganz Kleinen, aber Emmanuel Macron spricht an diesem Donnerstagnachmittag über die ganz großen Probleme. Für sein erstes Fernsehinterview 2018 hat sich der französische Präsident einen speziellen Ort ausgesucht: Eine Grundschule im 1100-Seelen-Ort Berd'huis mitten im Nirgendwo in der Normandie. Zwischen Holztischen und Kinderzeichnungen spricht Macron nun über den Krieg in Syrien und ein mögliches Eingreifen der Franzosen.

"Wir haben den Beweis, dass Chemiewaffen verwendet wurden, zumindest Chlor, und dass sie von Baschar al-Assads Regime verwendet wurden", erklärt er im Interview mit dem Sender TF1. Frankreich werde allerdings erst eine Entscheidung über einen Angriff auf Syrien treffen, wenn alle Informationen bestätigt seien. Er stehe dazu auch in engem Kontakt mit US-Präsident Donald Trump, der am Mittwoch eine militärische Intervention per Tweet ankündigte. "Man kann heute die Regimes nicht gewähren lassen, die glauben, sie könnten sich alles erlauben, auch in klarem Verstoß gegen das Völkerrecht", sagt Macron.

Das war es dann aber auch schon wieder mit Außenpolitik. Den Großteil des Interviews geht es anschließend vor allem um die Themen, die derzeit die Franzosen besonders umtreiben. Und das ist weniger der Krieg in Syrien als vielmehr die Bahnstreiks, Krankenhäuser ohne ausreichendes Pflegepersonal, Rentner an der Armutsgrenze.

Macron redet sich in Rage, wenn er seine Reformen verteidigt, die er seit seinem Amtsantritt teilweise im Eiltempo umgesetzt hat, um Frankreich wettbewerbsfähiger zu machen. Dafür hat er beispielsweise den Kündigungsschutz gelockert, was die Gewerkschaften wütend machte. Nun folgt der umstrittene Umbau der hoch verschuldeten Staatsbahn SNCF. "Ich möchte, dass wir ein Land des Fortschritts werden. Das lässt sich nicht in einem Tag vollbringen. Ich bitte, dass ihr mir vertraut," sagt er. Dass dies nicht alle Franzosen tun, zeigen die Umfragewerte, die kontinuierlich sinken.

Wenn es um die Reformen geht, bleibt Macron trotzdem hart. "Ich fordere von allen eine kleine Anstrengung, um die Eisenbahn von morgen zu bauen", sagt Macron. Man werde bei der Bahnreform "bis zum Ende gehen". Als Vorbild nennt er die Deutsche Bahn: Diese habe sich seit den Reformen der 1990er Jahre deutlich verbessert.

Seit fast einem Jahr ist Macron nun französischer Präsident - und fast genauso lange muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, abgehoben zu regieren. Der Auftritt in der Grundschule soll ihn nun also volksnah wirken lassen, wegbringen vom Image des Sonnenkönigs, das ihm nicht ganz unverschuldet anlastet. Schließlich gibt er so gut wie keine Interviews, inszeniert sich selbst als starke, unnahbare Führungsperson. Dass die Bahnangestellten im Zuge der geplanten Reform tagelang streikten, setzte Macron besonders unter Druck. Immer lauter wurde der Vorwurf, sein Kurs komme vor allem Unternehmen zugute.

Umso gespannter wurde nun dieser seltene Auftritt im Fernsehen erwartet - Buntstiftzeichnungen von Blumenwiesen im Hintergrund können da wohl nicht schaden.

"Ich höre, was die Menschen sagen und verstehe ihre Ängste", beschwichtigt er immer wieder. Aber er setze nur um, was er angekündigt habe, schüttelt Macron die Vorwürfe ab, "womöglich sind das nicht alle gewöhnt".

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