Süddeutsche Zeitung

Eltern-Teilzeit:Schwesig will 32-Stunden-Woche mit Steuern finanzieren

Väter und Mütter sollen mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Familienministerin Manuela Schwesig wünscht sich eine 32-Stunden-Woche - finanziert von den Steuerzahlern. Kritik kommt aus der Wirtschaft, aber auch vom Koalitionspartner.

Es ist eines der ersten Projekte der neuen Familienministerin. Manuela Schwesig will, dass Eltern mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Im Interview mit der Bild-Zeitung schlägt sie deshalb eine 32-Stunden-Woche für berufstätige Paare mit Nachwuchs vor. Finanzieren sollen das zum Teil die Steuerzahler. "Ich möchte, dass beide Elternteile ihre Wochenarbeitszeit reduzieren. Dafür wird es einen Partnerschaftsbonus geben. Aus Steuermitteln könnte dann ein Teil des Lohnausfalls ausgeglichen werden", sagte die SPD-Politikerin der Zeitung. Die Bundesregierung werde "zuerst das Elterngeld Plus einführen, bei dem Eltern, die Teilzeit arbeiten, einen Zuschuss zum Gehalt bekommen".

Unterstützung bekommt Schwesig dabei aus dem Arbeitsministerium: "Andrea Nahles und ich ziehen da an einem Strang. Sie wird ein Gesetz für die Rückkehr zur Vollzeitarbeit einbringen, damit Eltern wieder auf Vollstellen zurückkehren können. Die Wirtschaft muss flexibler werden und Eltern, die ihre Arbeitszeit für die Familie reduzieren, auch gute Karriere-Chancen ermöglichen."

Im Gespräch mit dem ZDF-Morgenmagazin machte sie die Vorteile für Unternehmen deutlich: Gerade für kleinere und mittlere Betriebe sei es besser zu wissen, wie Familien planen - "als dass zum Beispiel die Frau sagt: Ich komme gar nicht zurück aus der Elternzeit, weil ich das gar nicht gestemmt kriege, Beruf und Familie."

Doch gerade in der Wirtschaft wird Schwesigs Vorstoß kritisch kommentiert. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) meldet Bedenken an. "Acht von zehn Unternehmen bieten bereits flexible Arbeitszeiten an, jedes dritte unterstützt bei der Betreuung. Zusätzliche gesetzliche Ansprüche verhindern hingegen eher passende Lösungen in den Unternehmen", sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks der Passauer Neuen Presse.

Auch beim Koalitionspartner kann die Familienministerin kaum auf Unterstützung hoffen. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs bezeichnete den Vorstoß als schlicht nicht finanzierbar. "Ich frage mich, wo das Geld herkommen soll", sagte der CDU-Politiker der Berliner Tageszeitung B.Z.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte hingegen, in deutschen Unternehmen gebe es einen regelrechten "Anwesenheitswahn". "In keinem anderen Land der EU ist der Unterschied zwischen der tatsächlichen und der gewünschten Arbeitszeit so groß wie in Deutschland", sagte DGB-Vize Elke Hannack der Passauer Neuen Presse. "Diese Rahmenbedingungen machen es den meisten Paaren auch unmöglich, Erwerbstätigkeit, Hausarbeit und Familienpflichten partnerschaftlich miteinander zu vereinbaren."

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