Übernahme:Twitter-Chef Musk löst weltweit Empörung aus

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Hab' ich den Job noch? Twitter-Mitarbeiter am Freitag vor der Zentrale in San Francisco. (Foto: Jeff Chiu/AP)

Kritiker von Joe Biden bis Lars Klingbeil warnen vor Hetze, Lügen und Desinformation beim Kurzmitteilungsdienst. Manche sehen gar die Demokratie in Gefahr.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Der neue Twitter-Chef Elon Musk hat mit seinen ersten Entscheidungen bei dem Kurzmitteilungsdienst weltweit Besorgnis und Empörung ausgelöst. Die Liste der Kritiker, die sich am Wochenende zu Wort meldeten, reichte dabei von US-Präsident Joe Biden über UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk bis zu SPD-Chef Lars Klingbeil. Sie alle fürchten, dass der politisch nach rechts gedriftete, für Verschwörungsmythen anfällige reichste Mann der Welt nun Twitter im Namen der "Meinungsfreiheit" für Lügen, Hetze und Desinformationskampagnen öffnen wird, etwa aus Russland, China oder Nordkorea.

Musk, der unter anderem auch den Autobauer Tesla kontrolliert, hatte Twitter jüngst für umgerechnet 44 Milliarden Euro gekauft. Er entließ alle Top-Manager und die Hälfte der Mitarbeiter, darunter auch solche, die bisher offensichtlich wahrheitswidrige Tweets von der Plattform entfernt hatten. Künftig kann Musk allein bestimmen, ob etwa die gesperrten Konten des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump oder rechter Hetzer wieder freigeschaltet werden. Auch der Unternehmer selbst hatte in der Vergangenheit schon Verschwörungsmythen weiterverbreitet, zuletzt zum Angriff eines Trump-Fans auf den Ehemann der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Er drohte zudem Konzernen wie VW und Pfizer damit, sie öffentlich bloßzustellen. Die Firmen wollen vorerst keine Werbung mehr bei Twitter machen, weil sie fürchten, ihre Anzeigen könnten neben Falschnachrichten oder Hass-Tweets auftauchen.

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US-Präsident Biden warf Musk vor, einen Dienst zu betreiben, der "überall auf der Welt Lügen verbreitet" und nun auch noch weitgehend ohne Moderatoren und Faktenprüfer auskommen solle. UN-Menschenrechtskommissar Türk schrieb in einem offenen Brief an den Unternehmer, er sehe mit Sorge, wie sich die Debatte in den sozialen Medien entwickle und welche Rolle Twitter dabei spiele. "Wie alle anderen Unternehmen muss auch Twitter begreifen, welche Schäden die eigene Plattform anrichten kann", erklärte der österreichische Diplomat. Musk müsse dafür sorgen, dass die Menschenrechte bei jedweder Twitter-Strategie im Mittelpunkt stünden.

SPD fordert Behörden zu "Durchgreifen" auf

Klingbeil bezeichnete den Kauf des Kurzmitteilungsdienstes durch Musk als "hochproblematisch", weil "Twitter jetzt von jemandem übernommen wird, der das Netzwerk noch mal viel stärker politisch einsetzen" wolle. "Sollte die Meinungsvielfalt weiter angegriffen werden, müssen die Behörden konsequent durchgreifen", sagte er dem Handelsblatt. Die Intendantin des Bayerischen Rundfunks, Katja Wildermuth, sprach von einer Gefahr für die Demokratie, wenn Milliardäre künftig die Rahmenbedingungen des öffentlichen Diskurses bestimmten. Wenn Musk und andere meinten, "man könne der Demokratie einen Dienst erweisen, wenn man auf Twitter ungefiltert Meinungen, Fakten, Lügen, Hass und aufrechte Ansichten aufeinanderprallen lässt", so Wildermuth, dann "widerspricht das allen historischen Erfahrungen, die wir gerade in Deutschland gemacht haben".

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