Elfenbeinküste:Trauerspiel unter Palmen

In zehn Jahren hat Staatschef Gbagbo die "Perle Westafrikas" ruiniert. Jetzt klammert er sich an die Macht, bringt mit seinem Starrsinn die Elfenbeinküste an den Rand eines Krieges - und gefährdet so den gesamten Kontinent.

Michael Bitala

Es ist gerade mal fünfzehn Jahre her, da gab es ein Land in Afrika, das vielen Klischees über den Kontinent widersprach. Die Elfenbeinküste war die "Perle Westafrikas", ein stabiler, prosperierender Staat, modern und auf Europa ausgerichtet. Und das Zentrum, die Wirtschaftsmetropole Abidjan, das war das "Paris Afrikas" - mit eleganten Bars und Cafés, palmengesäumten Avenuen, Luxushotels und Edelrestaurants am Golf von Guinea.Und reich war dieses Land auch, ist es doch der größte Kakaoproduzent der Welt.

-

Gebet für den Frieden in Abidjan, dem Zentrum der Elfenbeinküste.

(Foto: AFP)

Blickt man heute auf die Elfenbeinküste, dann ist vom einstigen Glanz nichts mehr zu sehen. Die herrschende Clique um den abgewählten Staatschef Laurent Gbagbo bestätigt nun alle hässlichen Klischees von afrikanischen Machthabern. Gbagbo ist der Verlierer der ersten Wahlen seit zehn Jahren - aber davon will er nichts wissen.

Er klammert sich mit aller Gewalt an sein Amt, er schickt seine Jugendmilizen los, um die politischen Gegner in Abidjan und im Rest des Landes zu jagen. Zehntausende sind schon auf der Flucht. Und er verkündet der Welt, dass er gar nicht daran denke, dem Wahlgewinner Alassane Ouattara die Präsidentschaft zu überlassen. Der habe nämlich bei der Stichwahl im großen Stil betrogen.

Natürlich ist dieser Vorwurf grotesk, allein schon, weil es in Afrika noch nie einen Oppositionsführer gab, der die Möglichkeit gehabt hätte, Wahlen zu manipulieren. Dies können nur die Machthaber, weil allein sie den Zugriff auf alle Schlüsselpositionen haben.

Noch grotesker aber ist dieser Vorwurf, wenn man bedenkt, wie Gbagbo an die Macht gekommen ist. Einst war er ein allseits belächelter Politiker, ein Sozialistenführer, den in diesem kapitalistischen Land niemand ernst nahm. Er wurde nur deshalb Präsident, weil er 2000 an einer Wahlfarce teilnahm.

1999 hatte General Robert Guei geputscht. Danach wollte dieser sich als Staatschef demokratisch legitimieren lassen. Die Opposition boykottierte geschlossen die Abstimmung, nur Gbagbo nahm teil - und gewann gegen den verhassten Militärdiktator. Selbst eine Gummipuppe, hieß es damals, hätte gegen Guei gewonnen. Aber Gbagbo ließ sich, trotz massiver Proteste und der Forderung nach Neuwahlen, seinen Sieg nicht mehr nehmen.

Was danach folgte, hat selbst noch Pessimisten erschreckt. Gbagbo erwies sich nicht als Sozialist, sondern als gnadenloser Rassist. Sein Konzept der "Ivorité", nach dem nur "echte Ivorer" alle Bürgerrechte erhalten, grenzte Millionen Menschen in der Elfenbeinküste aus, deren Vorfahren eingewandert waren, um mit dem Kakao Geld zu verdienen. Gbagbos Rassismus führte geradewegs in den Krieg und zur Zweiteilung des Landes. Mit den jetzigen Wahlen sollte die Elfenbeinküste wieder vereint werden.

Bewährungsprobe für die Demokratie

Gbagbo aber weiß: In Afrika muss man keine Wahlen gewinnen, um an der Macht zu bleiben. Da reicht es schon, nach der Auszählung der Stimmen ein Chaos zu verursachen, seine gewaltbereiten Anhänger auf die Gegner loszulassen und dem Konkurrenten um das Amt des Regierungschefs Betrug vorzuwerfen. So war es nach den Wahlen in Kenia und in Simbabwe, und nun soll das Gleiche in der Elfenbeinküste geschehen.

-

Staatschef Laurent Gbagbo ist der Verlierer der ersten Wahlen seit zehn Jahren - aber davon will er nichts wissen.

(Foto: AFP)

Sollte Gbagbos Kalkül aufgehen, wäre dies ein verheerendes Zeichen für den Kontinent. Die Elfenbeinküste wäre das dritte afrikanische Land in wenigen Jahren, in dem ein Wahlergebnis nichts zählt. In Kenia und in Simbabwe gibt es sogenannte Regierungen der nationalen Einheit - mit der Folge, dass die Wahlverlierer Mwai Kibaki und Robert Mugabe uneingeschränkt an der Macht sind.

Und die nächste große Bewährungsprobe für die Demokratie in Afrika gibt es schon in wenigen Tagen, am 9. Januar, dann wird in einem Referendum entschieden, ob sich der Süden des Sudans vom Norden abtrennen soll. Der Gewaltherrscher in Khartum, Omar al-Baschir, hätte sicher seine Freude daran, wenn Gbagbo in der Elfenbeinküste an der Macht bleibt. Denn dann müsste auch er ein negatives Ergebnis nicht fürchten.

Doch noch ist Gbagbos Rechnung nicht aufgegangen. Es sind nicht nur sein offener Rassismus und seine vielfach dokumentierten Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die dazu führen, dass die Westafrikanische Gemeinschaft nun damit droht, in der Elfenbeinküste militärisch zu intervenieren, wenn der Wahlverlierer nicht abtritt. Es ist auch der massive Druck der Internationalen Gemeinschaft auf die Afrikanische Union, weil zu befürchten ist, dass es im Sudan, im Kongo, in Nigeria und in all den anderen afrikanischen Staaten, in denen 2011 gewählt werden soll, zu ähnlichen Situationen kommt wie in der Elfenbeinküste.

Sollten westafrikanische Truppen wirklich in Abidjan einmarschieren, um das Prinzip der Demokratie zu verteidigen, wäre dies die erste Militärintervention aufgrund von nicht anerkannten Wahlergebnissen. Das zeigt, wie gefährlich die Lage eingeschätzt wird. Der Elfenbeinküste droht durch den Starrsinn Gbagbos damit wohl ein Krieg.

Sollten die Truppen aber nicht intervenieren, würde nicht nur die Afrikanische Union ihr Gesicht verlieren - dem ganzen Kontinent stünden dann noch schwerere Zeiten bevor.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: