Elfenbeinküste: Präsident Ouattara:Mann oder Marionette?

Ouattara hat den Bürgerkrieg mit Frankreichs Hilfe gewonnen. Nun muss er die Skeptiker überzeugen, dass er der Präsident aller Ivorer ist - und nicht an der langen Leine Sarkozys läuft.

Arne Perras

Als die Sieger von Abidjan ihren Gefangenen im Fernsehen vorführten, sprach aus den Bildern höhnischer Triumph: die Ivorer sahen ihren früheren Präsidenten Laurent Gbagbo im Unterhemd. So wie der Mann dort auf der Bettkante saß, erschöpft und geschockt, verkörperte er den Gedemütigten.

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Alassane Ouattara hat die Wahlen im November gewonnen, nun muss er als Präsident der Elfenbeinküste das gespaltene Land einen.

(Foto: AFP)

Seine Feinde werden die Bilder ersehnt haben, seine Anhänger betrachten sie verbittert. Vielleicht waren solche Bilder in den dramatischen Stunden unvermeidlich. Und sicherlich trägt Gbagbo selbst die größte Schuld an seinem unwürdigen Abgang. Aber in der öffentlichen Demütigung spiegelt sich die tiefe Spaltung eines Landes, dessen Menschen noch lange brauchen werden, um sich zu versöhnen.

Gbagbos Niederlage beendet zwar das blutige Duell mit seinem Rivalen Alassane Ouattara, der die Wahlen im November gewann. Doch der militärische Sieg über den uneinsichtigen Wahlverlierer bringt der Elfenbeinküste per se noch keinen Frieden. Um den Krieg hinter sich zu lassen, müssen beide Seiten noch viel Überwindung aufbringen. Und besonders für den Sieger beginnt nun eine äußerst schwierige Phase. Sie dürfte für Ouattara noch riskanter sein als der Machtkampf mit seinem alten Rivalen, den er nach zäher Schlacht gewonnen hat.

Der Sturz des Rivalen lässt Ouattara nur auf den ersten Blick stark erscheinen. In Wahrheit ist er selbst geschwächt. Ouattara muss ein Staatsvolk regieren, das glatt gespalten ist. Fast jeder Zweite im Land wollte einen ganz anderen im obersten Amt. In einer gefestigten Demokratie kann man auch mit knapper Mehrheit regieren, in einem gespaltenen Land wie der Elfenbeinküste aber, das noch dazu durch ethnische Gewalt zerrüttet ist, muss ein Präsident schon sehr viel Kraft und Geschick aufwenden, um die Gewalt einzudämmen. Dieses Vertrauen muss er sich erst erarbeiten.

Ouattaras größter Vorteil ist die Kriegsmüdigkeit der Ivorer. Sein größter Feind sind Hass und Misstrauen, die sich in zehn Jahren Konflikt in die Köpfe eingebrannt haben. Die Gefahr von Racheakten der Milizen ist groß. Und für Ouattara ist es besonders bedrohlich, dass er sich der Kontrolle seiner eigenen Truppen gar nicht so sicher sein kann.

Darin liegt die nächste große Schwäche des Präsidenten: Seine Einheiten waren geeint in dem einen Ziel: den Feind Gbagbo zu bekämpfen. Ob diese Allianz überdauert und ob Ouattara sie tatsächlich steuern kann, ist ungewiss. Die Massenmorde im Westen, in die Ouattara-treue Truppen verwickelt gewesen sind, bringen ihn in Bedrängnis. Wenn die Verbrechen ohne sein Wissen geschahen, dann führt sein Militär ein bedrohliches Eigenleben. Wenn die Befehlskette bis ganz nach oben führt, ist alles noch viel schlimmer. Dann ist Ouattara ein Fall für die internationale Justiz, die nicht allein Gbagbos Verbrechen untersucht, sondern auch die Taten seiner Gegner.

Nicht zuletzt hat auch der Kampf um Abidjan Ouattaras Autorität untergraben. Die Franzosen mögen beteuern, dass nicht sie, sondern die ivorischen Kräfte Gbagbo aus dem Bunker geholt haben. Sicher ist, dass es Ouattara ohne die Intervention der Franzosen und der UN viel schwerer gefallen wäre, seinen Gegner niederzuringen. Vielleicht hätte er es gar nicht geschafft.

Das UN-Mandat zum Schutz von Zivilisten mag die Einsätze der Blauhelme und auch der zusätzlich angeforderten Franzosen decken. Aber das spielt für die Debatte in Abidjan eine untergeordnete Rolle. Dort zählt, dass Ouattara Hilfe der alten Kolonialmacht in Anspruch genommen hat.

Gegen Paris macht das Gbagbo-Lager schon lange Stimmung. Den Ruf einer französischen Marionette wird Ouattara im nationalistischen Lager also nicht mehr so schnell los. Auch das wird ihn schwächen beim Versuch, alte Gräben zuzuschütten und Skeptiker zu überzeugen, dass er nicht an der langen Leine Sarkozys läuft, sondern ein Präsident aller Ivorer ist.

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