Süddeutsche Zeitung

Mobilität:Bund kauft zu wenig Elektroautos für seine Flotte

Von insgesamt 24 716 Autos fuhren Ende Januar gerade mal 582 voll elektrisch. Vom eigenen Ziel ist die Regierung damit noch meilenweit entfernt. Und ausgerechnet das Verkehrsministerium landet auf einem der letzten Plätze.

Von Markus Balser, Berlin

Wenn Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in Berlin für Auftritte vorfährt, ist die Zukunft des Verkehrs meist ganz nah. Scheuer und viele andere Minister und Staatssekretäre lassen sich gerne imagefördernd mit E-Autos so leise wie umweltfreundlich durch die Hauptstadt chauffieren. Doch neue Daten der Bundesregierung zeigen, dass die Verkehrswende in der Autoflotte des Bundes abseits von Kameras bislang nur äußerst schleppend vorankommt. Denn auf den meisten Parkplätzen und in Tiefgaragen der Regierung zeigt sich eine ganz andere Realität. Eine mit Auspuff.

Von den insgesamt 24 716 Autos der Bundesflotte von Ministerien und ihren angeschlossenen Behörden fuhren Ende Januar gerade mal 582 voll elektrisch. So geht es aus einer Regierungsantwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Das entspricht gerade mal 2,4 Prozent aller Regierungsautos.

Selbst wenn die umstrittenen Plug-in-Hybride, und einige wenige Wasserstoff- und Biogas-Autos hinzugezählt werden, kommt die Regierung nur auf einen Anteil von 5,6 Prozent an Autos mit umweltfreundlicheren Antriebstechnologien (Vorjahr 3,9 Prozent). Der Bund ist damit weit vom selbstgesteckten Ziel entfernt, die eigene Autoflotte viel schneller als bisher auf umweltfreundliche Antriebe umzustellen.

Am höchsten ist der Anteil sauberer Autos im Entwicklungsministerium (100 Prozent), gefolgt vom Auswärtigen Amt mit 82,4 Prozent und dem Umweltministerium mit 57,9 Prozent. Das für die Elektromobilität zuständige Verkehrsministerium kommt gerade mal auf 6,3 Prozent und landet auf dem vorletzten Platz. Unterboten wird Scheuers Haus nur vom Verteidigungsministerium (1,6 Prozent).

Özdemir spricht von "Zögern und Zaudern" in der Regierung

Zwar hat Scheuers Ministerium mit seinen 31 Autos selbst eine hundertprozentige Ökoauto-Quote. Weil in den zu ihm gehörenden Behörden, etwa dem Kraftfahrtbundesamt, von den 2100 Autos nur jedes zwanzigste umweltfreundlich fährt, hinkt das Ressort anderen meilenweit hinterher. Die eigenen Behörden seien aufgefordert, die Umstellung zu prüfen, erklärt ein Sprecher des Verkehrsministeriums am Montag. Wenn das wirtschaftlich vertretbar sei.

Auch unter den Neuanschaffungen im Jahr 2020 war nur ein kleiner Teil umweltfreundlich. Von den 7650 neuen Pkw für fast 100 Millionen Euro hatten 12,7 Prozent einen elektrischen oder anderen alternativen Antrieb. Vom eigenen Ziel ist die Regierung damit noch meilenweit entfernt. Im Klimaschutzprogramm hatte sie angekündigt, den umweltfreundlichen Anteil neuer Autos bis 2025 auf 40 Prozent und auf 100 Prozent bis 2030 zu steigern.

Der Ex-Grünen-Chef und Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestags, Cem Özdemir, klagt über "Zögern und Zaudern" in der Regierung. Während der amerikanische Präsident in seinen ersten Wochen angekündigt habe, die komplette Flotte seiner Administration auf E-Autos umzustellen, "diskutieren wir immer noch über Verbrenner-Erhalt und Reichweitenangst", warnt Özdemir und fordert: Wenn Deutschland wirklich zum Leitmarkt für saubere Antriebe werden solle, müsse sich auch im Fuhrpark der Bundesregierung endlich etwas tun.

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