El Salvador:Alle Macht dem Influencer

El Salvador: Soziale Netzwerke sind seine Welt: Nayib Bukele, Präsident von El Salvador.

Soziale Netzwerke sind seine Welt: Nayib Bukele, Präsident von El Salvador.

(Foto: STANLEY ESTRADA/AFP)

In dem mittelamerikanischen Land regiert Präsident Nayib Bukele selbstherrlich. Nun gewinnt seine Partei auch noch mit großer Mehrheit die Parlamentswahlen. Dahinter steckt die Sehnsucht vieler Menschen nach Ruhe und Frieden.

Von Sebastian Schoepp, München

"Trumpito" nennen sie ihn gerne in seiner Heimat, den kleinen Trump. Nayib Bukele ist Präsident des mittelamerikanischen Dauerkrisenlandes El Salvador, er liebt Tweets, und wie der Ex-Präsident der USA ist er nicht zimperlich im Umgang mit Gegnern. Das mussten auch die Parlamentarier in San Salvador vor einem Jahr erfahren. Da ließ der Präsident die Armee im Plenarsaal aufmarschieren, weil die Abgeordneten sich sträubten, sein Millionenpaket für die innere Sicherheit durchzuwinken. Über Twitter erinnerte Bukele seine Anhänger an ihr Recht zum Aufstand - als wollte er Donald Trump für einen späteren ähnlichen Zwischenfall in Washington ein Vorbild liefern.

Künftig wird Nayib Bukele mit dem Parlament weniger Probleme haben. Seine Partei "Neue Ideen" hat gleich im ersten Anlauf bei der Parlamentswahl am Sonntag eine große Mehrheit der Sitze gewonnen. Das geht aus vorläufigen Ergebnissen der Wahlbehörde von mehr als 85 Prozent der abgegebenen Stimmen hervor. Die Nuevas Ideas könnte nach Schätzungen von Medien sogar eine Zweidrittelmehrheit erreichen. Die Beteiligung der gut fünf Millionen stimmberechtigten Wähler lag allerdings bei nicht viel mehr als 50 Prozent.

Welche neuen Ideen da künftig geboren werden könnten, hat der 39 Jahre alte Präsident seit seinem Wahlsieg 2019 bereits vorgezeichnet. Er ist beliebt, weil er Härte zeigt, etwa gegenüber kritischen Medien, die Korruption im Staatsapparat anprangern; vor allem aber Härte gegenüber den Jugendbanden, die El Salvador terrorisieren. Das kommt gut an in einer Bevölkerung, die damit leben muss, das Drogengangster weite Teile des kleinen Landes kontrollieren. Die Wirtschaft prosperiert sogar in bescheidenem Maße, was mit gewaschenem Drogengeld zu tun hat, aber auch damit, dass Salvadoreños in der Region als fleißig und geschäftstüchtig gelten. Viele sind Nachkommen von Einwanderern aus dem Nahen Osten, auch Nayib Bukele, der einer palästinensischstämmigen Unternehmerfamilie entstammt.

Doch das Geld kommt nicht überall an. Ein Drittel der Bevölkerung lebt in Armut, die Mordrate ist eine der höchsten der Welt. Das ist ein Erbe der Bürgerkriege der 1980er-Jahre, als die USA in El Salvador einen blutigen Stellvertreterkrieg führen ließen. Tausende emigrierten damals in die USA, wo sie in den Armenvierteln Banden gründeten, sogenannte Maras. Deren Mitglieder wurden von den US-Behörden häufig ausgewiesen in die Heimatländer ihrer Eltern und Großeltern wie El Salvador, wo sie vom Drogenhandel leben. Und das treibt dann wieder neue Menschenmassen in die Flucht Richtung USA.

Die "Neuen Ideen" sind ideologisch kaum einzuordnen, vor allem ist die Partei ein Präsidenten-Wahlverein

Dagegen hat Nayib Bukele auch keine Mittel, aber der frühere Werbemanager weiß sich in Szene zu setzen und den Eindruck zu erwecken, er hätte welche. Soziale Netzwerke sind seine Welt, dort präsentiert er sich wie ein Polit-Influencer, postet etwa Videos von Häftlingen, die im Gefängnishof zusammengetrieben werden, aber auch von Fassaden, die er hübsch renovieren ließ.

Ideologisch sind er und seine Partei kaum einzuordnen. Bukele gehörte mal der linken FMLN an, der Nachfolgepartei der Linksguerilla, die lange dominierende Kraft in El Salvador war. Ihre Gegenspielerin war die alte Diktatorenpartei Arena, beide teilten sich die Sitze im Parlament auf. Bukele gründete Nuevas Ideas, als ihn die FMLN 2017 nach einem Streit ausgeschlossen hatte, da war er noch Bürgermeister der Hauptstadt. Nuevas Ideas fungiert also als eine Art Wahlverein des Präsidenten, ein in Lateinamerika sehr häufiges Modell - und inzwischen auch in Europa, siehe Emmanuel Macron. Eine Art mittelamerikanischer Macron wäre Nayib Bukele auch gerne, der Wahlsieg scheint ihn diesem Traum näher gebracht zu haben.

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