Ampelkoalition:Und es gibt Fortschritte

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Über seine Pläne berät bald die Regierung: Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), hier auf Dienstreise in Kanada. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Zurzeit wirkt die Bundesregierung heillos zerstritten, doch manche Projekte kommen voran. Ein neues Einwanderungsrecht soll noch im März gebilligt werden ebenso wie die Ausbildungsgarantie.

Von Roland Preuß, Berlin

Inmitten der Selbstblockade der Koalition bei Autobahnbau, Heizungstausch, E-Fuels und Haushaltsfragen schimmert in diesen Tagen auch etwas von dem gemeinsamen Veränderungswillen der Ampelpartner aus deren beschwingter Frühphase durch. Jedenfalls gibt es Bewegung bei zwei Großprojekten: Die Ausbildungsgarantie und Förderung der Weiterbildung soll nun auf den parlamentarischen Weg gebracht werden, ebenso die Reform des Einwanderungsrechts.

Nach SZ-Informationen aus Regierungskreisen haben sich die federführenden Ministerien für Arbeit und Soziales (Weiterbildung) sowie für Inneres (Einwanderung) mit den anderen betroffenen Ressorts verständigt. Kommende Woche sollen beide Gesetzentwürfe durch das Bundeskabinett und dann in den Bundestag eingebracht werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte sich zuvor bereits zuversichtlich gezeigt. "Ich sehe gute Chancen, dass wir beides nächste Woche im Kabinett haben", sagte er am Dienstagabend zum Abschluss einer Reise nach Kanada.

Heils Vorhaben gelten in der FDP als besonders teuer

Insbesondere Heils Vorstellungen einer staatlich geförderten Bildungszeit sowie zur Weiterbildung von Beschäftigten hatten bei der FDP wenig Begeisterung ausgelöst. Das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Finanzministerium hatte einen ersten Gesetzentwurf Heils im Januar gestoppt, aus "haushaltspolitischen Gründen", wie es hieß. Bei den Liberalen steht Heil unter strenger Beobachtung, weil seine Vorhaben als besonders kostspielig gelten.

Dementsprechend wurde der Gesetzentwurf nach Lindners Einwand nun gestutzt. Ursprünglich hätte die Bundesagentur für Arbeit (BA) wachsende Ausgaben schultern müssen, diese sollten sich bis 2026 auf 771 Millionen Euro pro Jahr summieren. Das liegt daran, dass die Arbeitsagenturen den Lebensunterhalt der Beschäftigten während einer Weiterbildung sichern sollen und zwar grundsätzlich in Höhe des Arbeitslosengeldes. So ist es beim sogenannten Qualifizierungsgeld geplant: Es soll Menschen, deren Arbeitsplatz andernfalls verloren ginge, eine Weiterbildung ermöglichen, so dass sie im selben Unternehmen an anderer Stelle weitermachen können.

Dasselbe Prinzip sollte für die "Bildungszeit" gelten. Hier sollen Beschäftigte ihre Fortbildung selbst in die Hand nehmen können. Wenn der Arbeitgeber zustimmt, können Beschäftigte eine teilweise oder volle Freistellung von der Arbeit vereinbaren - und sich dann in einem selbst gewählten Bereich qualifizieren. Auch hier sollten die Arbeitsagenturen das Einkommen sichern. Diese Bildungszeit ist nun aus dem neuen Gesetzentwurf, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, gestrichen. So kann die Bundesagentur für Arbeit Geld sparen - und die für 2026 kalkulierten jährlichen Ausgaben sinken laut Gesetzentwurf von 771 auf 437 Millionen Euro.

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Christian Lindners Schuldenziele betrifft dies zwar zunächst nicht, weil die Streichung den Haushalt der BA entlastet und dieser nicht in die Bilanz des Bundes eingeht. Allerdings ist der Bund regelmäßig mit Zuschüssen gefordert, wenn bei der BA das Geld knapp wird - und deren Rücklagen sind durch das Kurzarbeitergeld in der Corona-Zeit aufgebraucht worden. Die Bildungszeit soll nun später geregelt werden, heißt es aus Regierungskreisen.

Im Gegenzug ist eine "Ausbildungsgarantie" vereinbart - und hier wurden die Pläne im Sinne von Heil im Vergleich zum bisherigen Gesetzentwurf ausgebaut. Künftig sollen Jugendliche oder junge Erwachsene einen Rechtsanspruch auf einen außerbetrieblichen Ausbildungsplatz erhalten, wenn sie auf dem freien Markt keine Azubistelle finden.

Für Zuwanderung soll künftig ein Punktesystem gelten

Das heißt, jeder, der sich vergeblich bei Betrieben bemüht hat, hat ein Recht auf eine Ausbildung in einer Einrichtung, die in der Regel nicht kommerziell und staatlich gefördert ist. So sollen Jugendliche fit gemacht werden für einen Ausbildungsplatz in Unternehmen oder anderweitige Beschäftigung. Wenn ein Umzug notwendig wird, soll ein Mobilitätszuschuss nachhelfen.

Bei dem ebenfalls für die nächste Kabinettssitzung eingeplanten Gesetzentwurf "zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung" von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte es weniger Streitpunkte gegeben. Er sieht unter anderem eine Zuwanderung nach Punktesystem vor, das FDP und Grüne seit Langem fordern.

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