Einwanderung in die USA:Illegale Immigranten in den USA: Zu allen Strapazen bereit

Hunderte Menschen überqueren jeden Tag mit Hilfe krimineller Menschenschmuggler die mexikanische Grenze, um in den USA zu leben. Sechs Illegale erzählen ihre Geschichte.

Protokolle von Beate Wild und Johannes Kuhn, Texas

Wer 2016 illegal über die südliche Grenze in den USA kommt und aufgegriffen wird, hat keine guten Karten - kaum jemand erhält eine Aufenthaltsgenehmigung, die Abschiebungen sind auf Rekordniveau. Dennoch kommen jeden Tag Hunderte Menschen vor allem aus Mittelamerika, in der Regel aus den Krisenländern Guatemala, Honduras und El Salvador.

Viele der Neuankömmlinge fliehen vor der Gewalt im eigenen Land oder erzählen von persönlicher Bedrohung. Andere kommen, weil sie Verwandte haben, um Geld zu verdienen oder weil sie ihren Kindern ein besseres Leben bieten wollen - notfalls in der Illegalität.

Wir haben in verschiedenen Unterkünften mit Menschen gesprochen, die teils gerade erst die Grenze überquert haben. Über ihren Weg, ihre Geschichte, ihre Hoffnungen.

Blanca Brenda Gonzalez San Sebastian (22) kam mit ihrem Sohn William José (21 Monate) aus Guatemala.

Blanca Brenda Gonzalez San Sebastian

Blanca Brenda Gonzalez San Sebastian mit ihrem Sohn William José in San Antonio.

(Foto: Johannes Kuhn)

"Meine Flucht aus Guatemala habe ich mit meinem Cousin begonnen, der den Weg kennt. Um die Grenze von Guatemala nach Mexiko zu überqueren, mussten wir eineinhalb Stunden über die Berge wandern. Mein Cousin hat die ganze Zeit meinen kleinen Sohn getragen, er kann ja noch keine so weiten Strecken gehen.

Nachdem wir eine Brücke überquert hatten, sind wir in einem winzigen Dorf in Mexiko angekommen. Wir haben an die Türen der Häuser geklopft, um die Leute, die dort leben, nach Essen und Trinken zu fragen und nach einem Schlafplatz für die Nacht. Wir hatten großes Glück, die Menschen dort waren sehr freundlich, haben uns mit Essen und Getränken versorgt und wir durften in einer Ecke am Boden schlafen. Leider haben Ameisen dort meinen Sohn gebissen und die Wunden haben sich entzündet. Er ist krank geworden.

Wir sind dann mit dem Bus nach Monterrey und an die Grenze. Ich konnte meinen Sohn während der Fahrt nichts zu essen geben, er hat oft vor Hunger geschrien. Dann mussten wir elf Tage in einem Haus warten, bis uns der Coyote [Bezeichnung für Menschenschmuggler, d. Red.] zum Fluss gebracht hat. Es war gar nicht so einfach, einen vertrauenswürdigen Schlepper zu finden, es gibt viele, die große Sprüche klopfen und dann einfach mit deinem Geld abhauen. Ein Freund aus Guatemala kannte aber jemanden aus dem Grenzgebiet. Letztendlich habe ich ihm 2600 Dollar bezahlt, damit er mich und mein Kind über die Grenze bringt.

Ich muss zum Glück keine Fußfessel tragen, weil ich schwanger bin. Deshalb war auch die Flucht so anstrengend für mich. Aber jetzt bin ich hier und mein neues Kind wird als Amerikaner geboren werden. Ehemann habe ich keinen, nur einen Freund. Aber der ist in Guatemala geblieben, er studiert noch.

Heute Nachmittag reise ich weiter, nach Minnesota zu einer meiner Schwestern. Mein Ziel ist es, hart zu arbeiten und Geld zu sparen. Für immer will ich eigentlich nicht in den USA bleiben, eines Tages würde ich schon gerne zurück nach Guatemala gehen. Hier in den USA ist es für unsereins doch nicht so sicher, wer weiß, wann es ihnen einfällt, uns abzuschieben.

Wenn ich in Minnesota bin, muss ich mir einen Anwalt nehmen, der für mich die Papiere regelt, damit ich eine Aufenthaltsgenehmigung bekomme. Ich habe schon etwas Angst, wenn ich an die Zukunft denke. Ich weiß eigentlich nicht, was mich hier erwartet. Keine Ahnung, ob ich die Aufenthaltserlaubnis bekomme, es hängt vom Anwalt ab, heißt es immer.

Meine Mutter, bei der ich in Guatemala gelebt habe, hat es vor sieben Jahren auch einmal probiert, aber sie wurde abgeschoben. Das war damals nach der Trennung von meinem Vater, der sie sehr schlimm misshandelt hatte. Jetzt ist sie alleine zurückgeblieben, das tut sehr weh. Vielleicht kann sie ja eines Tages nachkommen, aber sie ist recht alt, schon 50 Jahre, und hat ständig irgendwelche Krankheiten und Zipperlein.

Zu Hause in Guatemala habe ich auf dem Feld gearbeitet. Es war eine harte Arbeit, den ganzen Tag bei der Hitze und dem Staub ackern. Ich bin deshalb nicht wählerisch, ich werde jeden Job machen, den ich bekommen kann. Englisch spreche ich leider nicht, das muss ich noch lernen."

"Das Kartell hat mir mein Kind weggenommen"

Ana Karen Torres Martinez (27) kam mit ihrer dreijährigen Tochter Adison Camila aus Mexiko:

"Ich stamme aus Reynosa, einem mexikanischen Ort direkt an der Grenze zu den USA. Meine Reise war deshalb nur ein 15-minütiger Fußmarsch über eine Brücke, alleine mit meiner Tochter, ohne Hilfe.

Ich bin geflohen, weil das Kartell hinter mir her war. Ich habe noch eine andere Tochter, die haben sie vor fünf Jahren entführt und seither in ihrer Gewalt. Ein Sicario [Killer des Kartells, d. Red.] hatte mich vergewaltigt und ich bin schwanger geworden. Als mein Kind anderthalb Jahre war, hat das Kartell es mir weggenommen.

Undokumentierte Einwanderer Mexiko

Ana Karen Torres Martinez, 27, mit Tochter Adison Camila, 3, ist in die USA geflüchtet, weil sie von einem Drogenkartell mit dem Tod bedroht wurde.

(Foto: Johannes Kuhn)

Ich habe danach jahrelang versucht, meine Tochter zurückzuholen, aber ich habe es nicht geschafft. Einmal haben sie mir eine Waffe an den Kopf gehalten und gesagt, dass sie mich umbringen, wenn ich nicht aufhöre, nach ihr zu suchen. Am Ende war die Bedrohung so groß, dass ich abhauen musste. Wenn du einmal mit dem Kartell zu tun hattest, ist in deinem Leben nichts mehr wie zuvor. Ich musste fliehen. Meine Eltern sind schon lange tot und vom Vater meiner zweiten Tochter weiß ich auch nichts.

Das Schlimmste an meiner Flucht war, dass mich die Amerikaner in verschiedenen Lagern eingesperrt haben. Ich war erst zwei Tage in der "hielera", dem Eisschrank, und weitere zwei Tage in der "perrera", dem Hundezwinger, das sind die beiden Erstaufnahmeeinrichtungen, in denen alle Migranten erst einmal landen. Es ist dort wie in einem Gefängnis. Keine Fenster, man schläft am Boden auf einer ganz dünnen Matratze, zum Essen gibt es nur Tortillas, Reis und Bohnen.

Danach wurde ich nach Dilley in Texas gebracht, in ein Internierungslager für Frauen und Kinder - es war das Schrecklichste, was ich bislang erlebt habe. Für mich war das "el infierno", die Hölle. Dort hat man zwar Essen, Fernseher, sogar einen Fitnessraum, aber man hat nicht seine Freiheit. Es ist wie im Knast. 19 Tage war ich dort drinnen. Viele Frauen waren am Durchdrehen. Eine hat sich sogar die Pulsadern aufgeschnitten. Die Kinder werden alle krank in diesen Lagern, alle stecken sich gegenseitig an. Es kommt mir so vor, als hätten Tiere in diesem Land mehr Rechte als Einwanderer. Wahrscheinlich haben wir Migranten sogar Rechte, nur wissen wir nichts davon. Niemand klärt uns auf.

Hier in den USA habe ich niemanden, keine Familie, wo ich hingehen könnte. Ich bin ganz auf mich alleine gestellt. Seit meiner Freilassung vor vier Monaten wohne ich in San Antonio und helfe als Freiwillige in der Hilfseinrichtung für Migrantinnen der Organisation Raices. Sie haben dort die Verantwortung für mich übernommen, weil ich eben niemanden sonst habe.

In einem Monat ziehe ich nach Iowa, eine amerikanische Frau nimmt mich dort mit meiner Tochter auf. Wenn ich kann, will ich anderen Migrantinnen helfen, so wie man mir geholfen hat. Donald Trump redet nur schlecht über uns Einwanderer. Wenn es ihm ergehen würde wie uns, würde er auch anders reden. Das Leben ist eben nicht für alle einfach, er sollte demütiger sein. Und überhaupt, was würden die USA denn machen, wenn alle Migranten, die hier sind, sich plötzlich weigern würden zu arbeiten?"

"In Guatemala habe ich auf dem Feld gearbeitet"

Herlinda Gomez Tablo ist 23 und kam mit ihrem zweijährigen Sohn Jason aus Guatemala:

"Vor mehr als einem Monat bin ich weg von zu Hause, gemeinsam mit meinem Bruder und meinem Sohn. 52 Personen waren anfangs in unserer Gruppe, zusammen mit fünf Coyoten. Wir waren eine ziemlich große Gruppe. 4000 Dollar hab ich für mich und meinen Sohn bezahlt, damit sie uns in die USA bringen.

Wir sind in einem großen Post-Lkw von Guatemala über die Grenze nach Mexiko - die werden nicht aufgehalten von den Polizisten. Danach sind wir mit dem Bus nach Tepic gefahren, wo wir einfach auf einen Güterzug geklettert sind. Der Zug wird "La Bestia" genannt, weil es so gefährlich ist damit zu fahren. Mein Sohn und ich durften unten sitzen, die Männer sind oben auf das Dach geklettert. Manche fallen herunter, wenn sie oben sitzen und müde werden. Während der Reise mit dem Zug haben uns fremde Menschen Wasserflaschen und Tüten mit Essen hinauf geworfen. Sie wollten uns helfen, das sind wirklich gute Menschen.

Zwei Tage und zwei Nächte sind wir mit "La Bestia" gefahren, dann mit dem Bus weiter zur Grenze. Insgesamt waren wir zwei Wochen unterwegs, dann mussten wir neun Tage warten, bis es weiterging. Der Coyote hat uns an der Grenze ausgesetzt, wir waren etwa zwei Dutzend, sind zu Fuß rüber. Mein Bruder ist jetzt noch drüben in der Wüste, er muss noch warten, bis er dran ist.

Einwanderung Grenze Mexiko Texas San Antonio Raices

Herlinda Gomez Tablo, 23, mit Sohn Jason, 2, stammt aus Guatemala. Im Sommer 2016 ist sie mit Hilfe eines Schleppers in die USA eingereist.

(Foto: Johannes Kuhn)

Nachdem uns die Grenzpolizei gefasst hat, waren wir mehrere Tage in verschiedenen Aufnahme-Einrichtungen. Mein Sohn hat eine ziemlich schwere Lungenentzündung bekommen und musste ins Krankenhaus. Jetzt muss er Antibiotika und Medikamente nehmen, aber es geht ihm besser.

Der Vater meines Sohnes ist noch in Guatemala, ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm. Er hat uns verlassen als der Kleine gerade mal einen Monat alt war, um mit einer anderen Frau zusammenzuleben. Das ist auch der Grund, warum ich weg wollte und es in den USA probieren will. Ich muss nach vorne blicken, für meinen Sohn. Jetzt ist nur noch meine Mama in Guatemala, mein Papa ist schon lange tot.

Morgen fliege ich nach Miami zu meiner Schwester, sie hat die Tickets für uns bezahlt. Im Moment trage ich noch die Fußfessel, ich weiß gar nicht, ob ich mir damit jetzt schon Arbeit suchen kann. In Guatemala hab ich auf dem Feld gearbeitet, hier werde ich jeden Job annehmen, den ich bekommen kann. Das Wichtigste ist jetzt, dass ich bald eine Aufenthaltsgenehmigung bekomme, ich werde mir wohl einen Anwalt suchen müssen."

"Wenn es nicht klappt, bleibe ich illegal hier"

Sergio de Garcia (23) kam mit Tochter Monica Alexandra (4) aus Honduras.

"Ich komme aus Copán Ruinas in Honduras, dort wo die Maya-Ruinen sind. Ein wunderschöner Ort ist das. Ich habe dort zusammen mit meiner kleinen Tochter bei meiner Großmutter gelebt. Ihre Mutter ist schon länger weg, es waren am Ende nur noch wir drei.

Von Copán Ruinas bin ich zusammen mit meiner Tochter mit dem Flugzeug nach Monterrey in Mexiko geflogen, das hat zwei Tage gedauert. Dann mussten wir einen Tag oben an der Grenze warten, nachmittags ging es dann los. Es hat nur ein paar Minuten gedauert: Mit einem Auto sind wir zur Grenze gefahren worden, dann haben wir mit einem kleinen Schlauchboot den Rio Grande überquert. Der Coyote ist am Ufer geblieben und hat uns losgeschickt. Er hat uns gesagt, dass wir nach dem Überqueren noch 15 Minuten zu Fuß gehen müssen, dann würden wir auf die Border Patrol treffen. So war es auch. Als wir die Grenzbeamten gesehen haben, haben wir uns sofort gestellt.

Unsere Daten wurden aufgenommen und wir wurden in ein Camp gebracht, in einem unterkühlten Raum. Wir mussten auf dem Boden schlafen, sie haben uns behandelt wie Tiere (beginnt zu weinen). Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich meine Tochter nicht mitgenommen. Sie hat die ganze Zeit geweint und ist immer noch total verstört. Nachts hat ihr vom Liegen auf dem Boden alles wehgetan.

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Sergio de Garcia Sergio de Garcia (23) aus Honduras zeigt seine elektronische Fußfessel, die ihm der amerikanischen Behörden angelegt haben, bis sein Aufenthaltsstatus geklärt ist.

(Foto: Johannes Kuhn)

Jetzt fahren wir nach Miami Beach, dort wohnt meine Mami. Ich habe sie seit 20 Jahren nicht gesehen, sie ist mit einem Amerikaner verheiratet. Dort leben auch meine vier Brüder, sie sind alle Amerikaner. Einer von ihnen arbeitet sogar bei der Grenzpolizei (lacht). Helfen konnte er mir natürlich auch nicht, aber das verstehe ich.

Vor ein paar Jahren war ich schon mal in den USA, für zehn Tage. In Honduras war ich Profi-Fußballer und mit der U17-Nationalmannschaft bin ich einmal für ein Panamerika-Turnier in die USA gekommen. Aber damals bin ich zurückgegangen nach Hause. In Honduras haben sie mich für das Fußball-Spielen bezahlt und abends habe ich als Trainer in einem Fitnessstudio gearbeitet. In Miami werde ich nun auch versuchen, mit Fußball mein Geld zu verdienen, mal sehen, ob das klappt. Wenn nicht, muss ich mir eben einen Job suchen.

Ich habe noch eine zweite Tochter, sie ist gerade mal drei Monate alt, sie wartet in Miami auf mich. Meine Frau ist schwanger in die USA gekommen, weshalb unsere Tochter hier geboren wurde und jetzt eine echte Amerikanerin ist. Ich glaube, dass es kein Problem sein wird für mich, eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, schließlich sind fast alle in meiner Familie Amerikaner.

Damit ich nicht weglaufe, haben sie mir eine elektronische Fußfessel verpasst, alle Migranten bekommen das. Man muss die Fessel regelmäßig aufladen, wer das nicht macht, gilt schon als unzuverlässig und hat schlechte Karten bei der Migrationsbehörde. Jetzt muss ich mich in Miami beim Amt melden, hoffentlich nehmen sie mir das Ding bald ab.

Ich will Geld verdienen und meinen Kindern ein Heim einrichten. Sie sollen ein gutes Leben haben, studieren und Englisch lernen. Falls es wider Erwarten mit meiner Aufenthaltsgenehmigung nicht klappt, bleibe ich illegal hier - wie Millionen anderer Latinos auch."

"Wenn ich nach draußen will, bleibt mir nur der kleine Garten"

Der Fall von Hilda Ramirez (28) und ihrem Sohn Ivan (10) ist ein Besonderer: Die Frau aus Guatemala verbrachte lange Zeit in Abschiebehaft, wurde dann freigelassen und floh nach kurzer Zeit aus Angst, zurückgeschickt zu werden. Sie hat nun in einer Kirche am Stadtrand von Austin Asyl.

"Ich bin schon vor mehr als zwei Jahren über die Grenze gekommen. Mein Schlepper war ein sehr ernster, etwas seltsamer Mann. Um ehrlich zu sein, hatte ich ziemlich viel Angst vor ihm. Er hat mich drei Tage in einem Versteck eingesperrt, bevor wir über die Grenze sind. Außerdem hatten die Coyoten alle große Waffen dabei, ich habe mich schon sehr gefürchtet. Um die Grenze zu überqueren, sind wir mit einem Boot gefahren.

Ich komme aus San Marcos, Guatemala, und bin eine 'Indigena', eine indianische Ureinwohnerin. Meine Muttersprache ist Mam, das ist ein Indio-Dialekt. Spanisch habe ich in Guatemala nur ein bisschen gesprochen, richtig gut habe ich es erst in den amerikanischen Internierungslagern gelernt. In Guatemala habe ich sehr viel Diskriminierung erlebt, zum einen weil ich eine Frau bin, zum anderen weil ich Ureinwohnerin bin. Vor allem mein Ehemann und seine Eltern haben mich ständig misshandelt und geschlagen. Der Staat und die Polizei in Guatemala haben mich nicht beschützt, ich hatte keine Rechte dort. Niemand hat mir geholfen, meine eigenen Eltern sind leider auch schon lange tot.

Nach der Erstaufnahmeeinrichtung, der berühmten "hielera", war ich elf Monate in Karnes, Texas, in einem Internierungslager für Frauen und Kinder eingesperrt. Ich wusste vorher nicht, dass ich dort landen kann. Wir waren wie Gefangene: Hohe Mauern, keine Fenster, schreckliches Essen. Einmal habe ich sogar Würmer und Insekten in den Bohnen gefunden. In jedem Schlafsaal waren vier Frauen und vier Kinder untergebracht, es war ständig Unruhe, keine Privatsphäre, oft waren die Kinder krank und quengelig. Wegen der Stresssituation gab es oft Streit unter den Frauen, kein Wunder.

Kirchenasyl für Flüchtlinge aus Mittelamerika

Hilda Ramirez lebt seit sieben Monaten in der Andrews Presbyterian Church von Austin, so sie Asyl erhalten hat.

(Foto: Johannes Kuhn)

Schließlich haben sie mich mit einer elektronischen Fußfessel entlassen und ich habe daraufhin sieben Monate in Austin gewohnt. Die Fußfessel muss man jede Nacht mit einem Kabel aufladen, so wie man ein Handy auflädt. Dann wird die Fessel immer ganz heiß auf der Haut, es ist unangenehm und brennt. Mit der Fußfessel kann man auch nicht jede Hose anziehen und beim Duschen stört sie auch.

Eines Tages hat meine Anwältin gesagt, dass mein Fall keine Chancen hat, dass ich keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen werde. Die "Migra" würde mich bald abholen und deportieren, hat sie gesagt. Daraufhin habe ich beschlossen, mich zu verstecken. Die Hilfsorganisation 'Grassroots' hat mich an die Kirche vermittelt, die mich aufgenommen hat.

Ich bin nun schon seit sieben Monaten hier. Die Menschen sind nett zu mir, mir geht es gut. Ich darf aber das Gelände nicht verlassen. Wenn ich nach draußen will, bleibt mir nur der kleine Garten. Mein Sohn darf das Grundstück verlassen, weil er zur Schule geht. Ihm kann nichts passieren.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Fall gut ausgeht. Ich werde jedenfalls nicht aufgeben und eines Tages werde ich die Papiere bekommen und ein freier Mensch sein. Bis dahin werde ich kämpfen!"

"Ich will meiner Familie daheim helfen"

Ervin Argeta (30) kam mit seinem Sohn Ervin Fernando Argeta (7) aus Honduras.

"Ich bin vor der Armut und der Kriminalität in meinem Land geflohen, auf der Suche nach einem besseren Leben. Meine Frau und meine beiden Töchter sind nach wie vor zu Hause in Honduras. Auf der Flucht hatte ich nur meinen Sohn dabei. Jetzt muss ich erst einmal schauen, wie es hier für mich läuft - wenn es geht, würde ich den Rest meiner Familie schon gerne nachholen.

15 Tage hat meine Flucht gedauert. Es war anstrengend und ein paar Mal auch gefährlich, ich habe mich zwischendurch schon gefragt, warum ich das mache. Dem Coyoten habe ich 5000 Dollar bezahlt, damit er mich und meinen Sohn von meinem Heimatort Olancho bis hoch zur Grenze bringt. Wir waren in verschiedenen Lkws und Autos unterwegs, manchmal mussten wir länger zu Fuß gehen und hatten nichts zu essen. Eine Freundin mussten wir zurücklassen. Aber jetzt sind wir hier.

In Honduras war ich Bohnen- und Maisverkäufer. Ich habe gehört, dass man hier in den USA als Maurergehilfe gutes Geld verdienen kann, das werde ich mal versuchen. Schließlich will ich viel Geld verdienen, damit ich meiner Familie daheim helfen kann.

Flüchtlinge aus Zentralamerika (El Salvador, Honduras, Guatemala) an einem Busstop in Texas

Nach der Registrierung durch die Grenzpolizei warten Flüchtlinge aus Mittelamerika an einem Busstop in McAllen, Texas, auf die Weiterreise zu ihren Verwandten. Unter ihnen ist auch Ervin Argeta mit seinem Sohn.

(Foto: Johannes Kuhn)

Morgen fahre ich nach Indianapolis zu meinem Schwager, ich werde am Anfang bei ihm wohnen. Wenn ich dort bin, muss ich mich bei den Behörden melden, den ersten Termin haben sie mir schon gegeben. Dann werde ich registriert und das Verfahren um meine Aufenthaltserlaubnis beginnt. Ich hoffe, dass sie mich hier akzeptieren. Solange ich alle Anforderungen erfülle, kann ich hier bleiben. Wahrscheinlich dauert es ziemlich lange, bis das mit den Papieren geregelt ist.

Mein Sohn wird in der Zwischenzeit schon mal hier zur Schule gehen, er ist ja jetzt schon sieben Jahre alt. Er wird dann hoffentlich auch Englisch lernen. Ich selber kann auch noch kein Englisch. Hier in den USA will ich einfach nur arbeiten, um Geld zu sparen. Mehr will ich nicht."

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