Süddeutsche Zeitung

Einreiseverbote:Moskau wehrt sich gegen Kritik an "schwarzer Liste"

  • Russland hat auf die Kritik seiner "schwarzen Liste" mit Einreiseverboten für europäische Politiker reagiert und das Vorgehen verteidigt.
  • Es handele sich um eine Antwort auf die "Sanktionskampagne", die einige EU-Staaten unter Führung Deutschlands gegen Russland ausgelöst hätten, sagt ein ranghoher Diplomat.
  • Die Europäische Union hatte die "schwarze Liste" mit 89 Namen als willkürlich, intransparent und ungerechtfertigt gerügt.

Wie Moskau seine "schwarze Liste" verteidigt

Russland hat westliche Kritik an Einreiseverboten für Dutzende europäische Politiker zurückgewiesen. Die Maßnahme sei einzig eine Antwort auf die "Sanktionskampagne", die einige EU-Staaten unter Führung Deutschlands gegen Russland ausgelöst hätten, sagte ein ranghoher russischer Diplomat der Agentur Interfax zufolge.

Der russische Diplomat sagte, Moskau habe die Liste auf Bitten aus Europa "in vertraulicher Form" übergeben. Die jetzige Aufregung gehe auf das Konto der entsprechenden Länder. "Eins ist unklar: Haben die europäischen Kollegen die Listen benötigt, um den Betroffenen Unannehmlichkeiten zu ersparen - oder um die nächste politische Show zu veranstalten?" Eine ähnliche Liste existiere für die USA, sagte er. Washington hatte in der Ukraine-Krise ebenso wie Brüssel Sanktionen gegen Russland erlassen.

Kritik aus der EU

Die Europäische Union hatte die "schwarze Liste" mit 89 Namen als willkürlich, intransparent und ungerechtfertigt gerügt. Moskau habe das Dokument nach monatelangem Zögern zwar nun übermittelt, aber Rechtsgrundlage und Kriterien blieben unklar. Auf der Liste stehen auch acht Deutsche. Ihre Existenz hatte Moskau schon im Herbst bestätigt. Sie gilt als Reaktion auf Einreiseverbote in die EU für russische Abgeordnete und Unternehmer wegen der Ukraine-Krise.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte die Einreiseverbote "nicht besonders klug". Sie seien auch kein Beitrag zu den Bemühungen, "einen hartnäckigen gefährlichen Konflikt in der Mitte Europas zu entschärfen", sagte er im ukrainischen Dnipropetrowsk.

Das sagen die Betroffenen

Betroffen sind unter anderem der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann, den Russland kürzlich abwies, der Unionsfraktionsvize im Bundestag, Michael Fuchs, sowie die Grünen-Politiker Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit. Das Verbot gilt auch für den künftigen Europa-Berater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Uwe Corsepius. Der ehemalige britische Außenminister Malcolm Rifkind, der frühere belgische Premierminister Guy Verhofstadt sowie Tschechiens Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg stehen ebenfalls auf dem Index.

Die niederländische Regierung bestellte den russischen Botschafter ein. Außenminister Bert Koenders habe in dem Gespräch wegen Einreisverboten gegen drei niederländische Abgeordnete große Empörung zum Ausdruck gebracht, teilte ein Sprecher mit.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz reagierte "bestürzt". Die Verbotsliste beschädige das gegenseitige Vertrauen und behindere einen konstruktiven Dialog in der Ukraine-Krise. Schon die Einreiseverweigerung für Wellmann hatte für erhebliche Verstimmung zwischen Berlin und Moskau gesorgt. Wellmann ist Chef der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe und Russland-Berichterstatter der Unionsfraktion.

Rebecca Harms war bereits im September der Zugang am Moskauer Flughafen verweigert worden. "Diese Liste ist keine gute Nachricht für die Beziehungen zwischen der EU und Russland", sagte sie. Cohn-Bendit sagte der Bild-Zeitung, es ehre ihn, wenn Russland ihn als Feind des Totalitarismus brandmarke. Der Unionspolitiker Fuchs erklärte, es gebe Schlimmeres, als nicht nach Russland reisen zu dürfen.

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