Gesetzentwurf geplant
Die Bundesregierung will per Gesetz Asylverfahren direkt an den Landgrenzen ermöglichen. In Kürze solle ein Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung gegeben werden, bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums einen Vorabbericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Dienstag.
Dabei soll das an Flughäfen bereits existierende Verfahren, bei dem Asylanträge in Transitzonen bewertet werden, auf die Landgrenzen übertragen werden. Dazu laufen dem Sprecher zufolge derzeit politische Gespräche. Insbesondere die CSU hat sich für eine solche gesetzliche Regelung ausgesprochen.
Das bisher praktizierte "Flughafenverfahren" gilt für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten sowie für Asylbewerber ohne Ausweise, die über einen Airport einreisen wollen und um Asyl suchen. Das Asylverfahren wird vor der Einreise im Transitbereich des Flughafens durchgeführt.
Gabriel spricht von "sozialem Sprengstoff"
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat derweil den konservativen Koaltionspartner davor gewarnt, mit Forderungen nach Mindestlohn-Ausnahmen für Flüchtlinge gesellschaftliche Spannungen auszulösen. Damit würden Flüchtlinge zu "Lohndrückern gegen die Deutschen" gemacht. "Das wäre sozialer Sprengstoff. Wer solche Vorschläge macht, spielt die Armen aus Deutschland gegen die Armen aus Syrien aus", sagte der Vizekanzler.
Er reagierte damit auf den Vorschlag führender CDU-Politiker, Flüchtlinge vom Mindestlohn auszunehmen, damit diese schneller in Arbeit kämen. Finanzstaatssekretär Jens Spahn hatte der Welt gesagt, es werde manches auf den Prüfstand kommen: "Möglicherweise auch der Mindestlohn." Auch der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, forderte Sonderlösungen: "Bei Einstiegs- und Qualifizierungsmaßnahmen sollte der Mindestlohn nicht greifen." Eine ähnliche Regelung gibt es bereits für Langzeitarbeitslose: Wer länger als ein Jahr arbeitslos war, darf bis zu sechs Monate lang für einen Stundenlohn von weniger als 8,50 Euro beschäftigt werden.
Kauder findet die Diskussion "abwegig"
Die Reaktion in der Union ist gespalten. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt findet die Debatte "interessant". Wenn es Integration erleichtere, sollte man sich diesem Vorschlag nicht verschließen.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder erteilte dem Vorstoß jedoch eine klare Absage: "Die Diskussion ist abwegig und wir sollten sie nicht weiterführen", sagte er in Berlin vor der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der Vorschlag sei doppelt unsinnig: Einerseits setze er einen falschen Anreiz für Migranten, "andererseits ein falsches Signal an diejenigen, die jetzt einen Mindestlohn bekommen, dass sie ersetzt werden können durch Flüchtlinge, die keinen Mindestlohn bekommen". Kauder weiter: "Es wird keine Reduktion des Mindestlohns für Flüchtlinge geben."
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte davor, den gesetzlichen Mindestlohn für Flüchtlinge abzusenken, um ihnen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Kabinett beschließt Maßnahmenbündel zu Asyl und Flüchtlingen
Um Ländern und Kommunen bei der Versorgung von Flüchtlingen zu helfen, hat das Bundeskabinett am Dienstag ein Gesetzespaket beschlossen, mit dem die Bewältigung der rasant gestiegenen Flüchtlingszahlen gestemmt werden soll.
Mit dem Maßnahmenbündel reagiert die Regierung auf die anhaltend hohen Flüchtlingszahlen - derzeit sind es täglich etwa 10 000, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mitteilte. Klar sei jetzt schon, "dass der September ein Rekordmonat wird". Allein im August kamen demnach insgesamt 105 000 Flüchtlinge nach Deutschland.
Kern des Maßnahmenpakets
Kern des vom Kabinett beschlossenen Pakets sind die Kostenverteilung für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zwischen Bund und Ländern, eine Beschleunigung der Asylverfahren und Beschlüsse zu Gunsten einer besseren Integration. Hinzu kommt die Einstufung von Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten sowie die Kürzung der Leistungen für bestimmte Asylbewerbergruppen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) legte zur Finanzierung der Kosten einen Nachtragshaushalt vor, der für die Versorgung von Flüchtlingen Zusatzausgaben von mehr als sechs Milliarden Euro vorsieht. Die Neuregelungen sollen zum 1. November in Kraft treten.