Einigung über Visa-Regeln:Türkische Reisefreiheit zu Lasten anderer

Symbolfoto für die Verhandlungen zum EU-Beitritt der Türkei, 2005

Die Reisefreiheit in EU-Länder könnte für viele Türken wichtiger sein als ein womöglicher EU-Beitritt.

(Foto: dpa/dpaweb)

Ohne Visum durch Europa reisen: für junge Türken keine Selbstverständlichkeit, sondern noch ein ferner Traum. Wenn nun die alten Visa-Regeln fallen, ist das zeitgemäß. Doch der Preis dafür ist hoch.

Ein Kommentar von Christiane Schlötzer, Istanbul

Wenn in drei Jahren türkische Bürger tatsächlich kein Visum mehr für Deutschland, Frankreich und Italien brauchen sollten, dann wird sich nicht, wie einst befürchtet, eine Karawane aus Ostanatolien auf den Weg nach Berlin, Paris und Rom machen.

Die Türkei ist heute ein Land, das wirtschaftlich auf eigenen Füßen steht, das als Exportnation viele Euro-Länder überflügelt. Wenn Türken reisen, tun sie das als Touristen mit Kreditkarte und auch als Geschäftsleute in der Business-Class.

Natürlich sind nicht alle Türken im Wirtschaftsboom wohlhabend geworden, und viele, die lange Wege zu den Konsulaten und hohe Visa-Gebühren auf sich nehmen, wollen nur einmal wieder ihre Großeltern oder Enkel in Deutschland sehen. Was für junge Menschen im Schengen-Raum selbstverständlich ist - studentisches Reisen im Erasmus-Kosmos - ist für junge Türken ein ferner Traum. Die alten Visa-Regeln passen nicht mehr in die Zeit, die Reisehürden sollten fallen.

Für viele Türken ist die Visa-Freiheit wohl wichtiger als die Aufnahme ihres Landes in die EU. Doch Europas Preis für die künftige Reisefreiheit ist hoch: Ankara soll es anderen schwerer machen, nach Europa zu gelangen - den vielen Flüchtlingen, die in der Türkei ein Transitland nach Europa sehen.

Für diejenigen, die heute schon alles riskieren, um Kriegen und Konflikten zu entkommen, wird es künftig noch weniger Zuflucht geben.

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