Einigung bei Kinderschutzgesetz:Mehr Hilfe für junge Mütter

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und Manuela Schwesig, die SPD-Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern haben sich geeinigt - das neue, bundeseinheitliche Kinderschutzgesetz soll am Mittwoch im Vermittlungsausschuss beschlossen werden. Das Ziel ist, Kinder vor Misshandlungen zu schützen. Etwa mit Hilfe sogenannter Familienhebammen, die junge Mütter in schwierigen Lebenslagen unterstützen sollen.

Felix Berth und Malte Conradi

Der Streit um das Kinderschutzgesetz ist beigelegt. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) und die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), einigten sich am Montagabend auf eine Korrektur des Gesetzentwurfs, den der Bundesrat vor einigen Wochen zurückgewiesen hatte. Demnach will der Bund künftig Familienhebammen dauerhaft finanzieren und mehr Geld in Netzwerke für frühe Hilfen stecken. Es sei "ein gutes Paket für Kinder", sagte Schröder. Schwesig lobte, dass der Bund nachgebessert habe, "wie die rot-grünen Länder gefordert haben".

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Die Bundesregerung einigt sich auf ein neues Kinderschutzgesetz - der Bund soll Familienhebammen dauerhaft finanzieren.

(Foto: dpa)

Ursprünglich hatte Schröders Gesetzentwurf vorgesehen, dass der Bund Familienhebammen vier Jahre lang finanziert. Dafür waren jährlich 30 Millionen Euro vorgesehen. Von 2016 an hätten dann die Länder für diese Sozialleistung aufkommen müssen, was ein wesentlicher Grund für ihren Widerstand im Bundesrat war. Im Kompromiss zwischen Bundesministerin Schröder und Länderministerin Schwesig ist nun vorgesehen, dass der Bund nach 2015 weiterhin Geld zuschießt.

Die Familienhebammen sollen in Geburtskliniken versuchen, junge Mütter in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen. Sie sind geschult darin, auf Risikofaktoren bei Schwangeren zu achten. Dazu zählen Drogenkonsum, Alkoholmissbrauch, Teenager-Schwangerschaften, häufige Konflikte in der Partnerschaft oder Depressionen der Mutter. Familienhebammen sollen solche Mütter ermutigen und ihnen eventuell weitere Hilfen vermitteln, um mögliche spätere Misshandlungen der Kinder zu verhindern. Solche Programme, die sich zum Teil als sehr wirksam erwiesen haben, gibt es seit einigen Jahren in etlichen Städten. Allerdings ist ihre Finanzierung in vielen Fällen nicht gesichert.

Parallel dazu will der Bund auch Netzwerke für frühe Hilfen bezuschussen: Bundesfamilienministerin Schröder hat zugesagt, dauerhaft jährlich insgesamt 51 Millionen Euro für Familienhebammen und solche Netzwerke auszugeben. In diesen Netzwerken, die es in manchen Kommunen bereits gibt, kooperieren Jugendämter, Ärzte und andere Mitglieder anderer Berufsgruppen, die Kontakt zu gefährdeten Kindern haben. Ein Ziel ist es, dass Ärzte und Jugendämter besser informiert werden über die Arbeit der jeweils Anderen; in einzelnen Projekten treffen sich Beteiligte auch für einen - zum Teil anonymisierten - Austausch von Informationen. Auch das soll dazu beitragen, dass Müttern in dramatischen Lebenslagen rechtzeitig und angemessen geholfen wird.

Die Netzwerke setzen meistens auf die Beteiligung von niedergelassenen Ärzten und Geburtskliniken. Allerdings stellt sich die Frage, wer diese Arbeit bezahlt. Die Bundesländer sowie fast alle Experten hatten in den vergangenen Monaten verlangt, dass sich die deutschen Krankenversicherungen finanziell an diesem System beteiligen. Dies hatte das FDP-geführte Bundesgesundheitsministerium konsequent abgelehnt und blockiert - uns es hat sich durchgesetzt, wie der Kompromiss vom Dienstag zeigt. Denn die Kosten für Familienhebammen und die Netzwerke übernimmt nun zum großen Teil der Bund; die Krankenversicherungen sind weiterhin nicht zu Leistungen verpflichtet.

Ein Gesetz gegen die Verunsicherung

Das Bundeskinderschutzgesetz wird außerdem einheitlich regeln, wann Ärzte, Sozialarbeiter und Lehrer, die eine Kindeswohlgefährdung vermuten, ein Jugendamt informieren dürfen. Bisher ist die Rechtslage in 16 Bundesländern unterschiedlich, was zu erheblicher Verunsicherung geführt hat. Künftig, so heißt es im Gesetzentwurf, dürfen diese "Berufsgeheimnisträger" ein Jugendamt informieren, wenn sie "gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes" erkennen.

Ein bundeseinheitliches Kinderschutzgesetz hatte bereits die große Koalition im Jahr 2009 geplant. Die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) geriet allerdings in heftigen Streit mit der SPD. Von der Leyen wollte Mitarbeiter der Jugendämter bei fast jedem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung zu Hausbesuchen bei betroffenen Familien verpflichten. Dies hatte die SPD mit Unterstützung vieler Experten abgelehnt, weil dies das Wohl der Kinder in Einzelfällen gefährden könne. Im jetzt geplanten Kinderschutzgesetz ist diese Verpflichtung abgeschwächt. Nun ist ein Hausbesuch des Jugendamts vorgesehen, "soweit der Schutz dieses Kindes nicht in Frage gestellt wird".

Der verbesserte Gesetzentwurf, der am Dienstag noch nicht in allen Details vorlag, soll an diesem Mittwoch im Vermittlungsausschuss beschlossen werden. Danach müssen noch Bundestag sowie Bundesrat zustimmen. Familienministerin Schröder gab sich am Dienstag zuversichtlich, dass das in den nächsten Tagen gelingen werde: "Das Gesetz kann wie geplant zum 1. Januar 2012 in Kraft treten", sagte sie.

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