Eine Anwältin gegen Dügida:"Comedy gegen Rechts" - auf dem Balkon

Eigentlich kommt auf dieser Höhe kein Gegendemonstrant an die Islamgegner ran, deshalb ist Çelebis Büro zur Anlaufstelle für viele ihrer Bekannten geworden. "Beim ersten Mal waren wir vier, dann 20, beim letzten Mal habe ich den Überblick verloren." Vergangenen Montag holte Çelebi sich professionelle Unterstützung in Sachen Nazi-Provokation: Ihre Bekannte, die Comedienne Senay Duzcu machte sich am Mikro über die Demonstranten lustig. Am Balkon hing ein Banner: "Comedy gegen Rechts." Derzeit sammelt Çelebi auf Facebook Witze über Nazis.

Sie erzählt begeistert, wie sie die Demonstranten nerven, gibt aber zu, dass ihr manchmal mulmig wird. Die Rechtsextremen unten auf der Straße schreien "Nutte" und "Wir kriegen euch" zum Balkon hoch, die Polizei schirmt das Haus ab. Auf den Facebook-Seiten von Dügida & Co. wird gegen Çelebi gehetzt, "Kopf ab" und Ähnliches. Ihre Nummer wurde gepostet, dann lief ihr Anrufbeantworter voll mit aggressiven Anrufen, auch Anspielungen auf Brandstiftungen waren dabei, ein hässliches Wortspiel mit "Lichterkette". Auf einem Zettel in ihrem Briefkasten heißt es: "Von einer Muslima brauchen wir keine Ratschläge." Sie solle das Land verlassen. Das Land, in dem sie geboren ist.

Drohung per Todesanzeige

Die Dügida-Demo ist kleiner, aber deutlich aggressiver als andere Pegida-Demonstrationen. Zu ihr kommen unter anderem Neonazis aus Dortmund und Hogesa-Hooligans. Am Montag brach ein Teilnehmer einem Gegendemonstranten die Nase. Den Veranstaltern der Pegida-Demos in Dresden ist die Düsseldorfer Veranstaltung zu weit rechts, die Sicherheitsbehörden stufen sie als rechtsextrem ein.

Es sind nicht die einzigen Drohungen von rechts in diesen Tagen in Nordrhein-Westfalen. Die Stimmung ist durch Nazi-Aufmärsche, Pegida-Ableger, deren Abspaltungen und Gegendemos teils aufgeheizt. Anfang der Woche veröffentlichten vermutlich Rechtsradikale aus dem Ruhrgebiet gefälschte Todesanzeigen in sozialen Netzwerken, mit den Namen mehrerer Journalisten, die kritisch über die rechte Szene berichten.

Auch Sebastian Weiermanns Name war dabei. Er schreibt für die taz und den Blog Ruhrbarone über Neonazis. Drohungen gegen Linke habe es in der Gegend schon oft gegeben, sagt er. "Aber das ist was Neues, dass das Feindbild Journalist so deutlich wird. Das 'Lügenpresse'-Ding von Pegida hat gut die Runde gemacht." Weiermann und seine bedrohten Kollegen haben Anzeige erstattet.

Das hat auch Gülşen Çelebi getan, wegen Beleidigung, Bedrohung und Volksverhetzung. Außerdem hat sie einen Antrag an die Stadt gestellt, die Route der Rechten doch zu verlegen: "Die könnten ja am Sozialgericht demonstrieren, da wohnt keiner." Der Polizeipräsident antwortete ihr, er könne nichts tun, die Richter hätten nun einmal so entschieden. Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut. Dügida marschiert also weiter. Gülşen Çelebi will weiter Lärm machen.

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