Die Idee: Angesichts des Interessendschungels in der Gesundheitspolitik und der gleichzeitigen Kostenexplosion ist es zugegebenermaßen schwer, eine überwölbende Idee zu konzipieren. Doch Schwarz-Gelb scheiterte schon an sich selbst, weil die FDP den Einstieg in die Kopfpauschale wollte, die CSU das auf jeden Fall verhindern und die CDU irgendwas dazwischen. Entsprechend wachsweich liest sich der Koalitionsvertrag im Unterpunkt II.9.1. Gesundheit. Die Regierung hatte zugleich drei Ideen - und keine.
Das ist passiert: Eine richtige Kopfpauschale gibt es noch nicht, den Einstieg in die Kopfpauschale offenbar nur außerhalb von Bayern, denn die CSU ist weiterhin der Meinung, dass die beschlossenen einkommensunabhängigen, nach oben nicht mehr gedeckelten Zusatzbeiträge nichts mit einer Kopfpauschale zu tun haben. Das Neun-Milliarden-Defizit der Krankenkassen sollen alle schultern, wobei "alle schultern" bedeutet: Die Versicherten zahlen viel drauf, weil zu etwaigen Zusatzbeiträgen eine Beitragssteigerung von 14,9 auf 15,5 Prozent kommt; Bund und Länder zahlen ein bisschen drauf, weil sie höhere Zuschüsse zahlen müssen; und Ärzte, Apotheker und Pharmaindustrie zahlen nicht drauf, sondern verbuchen geringere Einkommenssteigerungen als erhofft.
Und jetzt? Derzeit scheint ausgeschlossen, dass es je zu einer richtigen Kopfpauschale kommt, doch bei Horst Seehofer weiß man ja nie. Daneben scheint das Augenmerk von Gesundheitsminister Philipp Rösler derzeit vor allem auf den privaten Versicherern zu liegen, von denen manche unter ihrer finanziellen Situation ächzen. Denn fast im Monatsrhythmus gibt es neue Gesetzesvorschläge, die den Privaten entgegenkommen. Zum Beispiel soll der von den gesetzlichen Kassen ausgehandelte Arzneimittel-Rabatt künftig auch für Private gelten, die Beitragsbemessungsgrenze sinken und es für junge Gutverdiener die Möglichkeit geben, bereits nach einem Jahr anstatt nach 36 Monaten zu wechseln.