Ein Jahr nach erster Demo:So steht es um die Pegida-Bewegung

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Ein Jahr Pegida - in Dresden gingen auch an diesem Montag wieder Tausende zum Demonstrieren. (Foto: AFP)

Seit einem Jahr gehen die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" montags auf die Straße. Wirklich jeden Montag? Hat sich die Bewegung radikalisiert? Und wie sieht es mit Verbindungen in die etablierte Politik aus?

Ist die Pegida seit ihrer ersten Demonstration vor einem Jahr radikaler geworden?

Ganz klar ja. Symbole wie der Galgen, den ein Demonstrant Mitte Oktober mit sich herumtrug, sind auch für Pegida-Verhältnisse drastisch. Sie sind aber keine seltenen Ausreißer, sondern Ausdruck einer längeren Entwicklung. Am Sprachgebrauch der Pegida-Anführer lässt sich das nachvollziehen: Bei ihren Reden während der ersten Montagsdemonstrationen war überwiegend von "Flüchtlingen" die Rede. Bald sprach man stattdessen von "Asylanten", dann von "Asylschmarotzern" und schließlich von "Invasoren". Zudem kam es mehrfach zu Anspielungen auf Nazi-Deutschland. Etwa als Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling Anfang September auf offener Bühne fragte: "Na, wollt ihr den totalen Asylstaat?" Bereits im Januar war ein Facebook-Foto durch die Medien gegangen, auf dem sich Pegida-Anführer Lutz Bachmann mit akkuratem Scheitel und Hitlerbärtchen zeigte. In Kommentaren in dem sozialen Netzwerk soll er außerdem Asylsuchende als "Viehzeug", "Dreckspack" und "Gelumpe" bezeichnet haben.

Ist die Bewegung ein auf Dresden beschränktes Phänomen?

Teils ja, teils nein. Nirgendwo ist die Bewegung so stark wie in der sächsischen Landeshauptstadt. Am Montag kamen 15 000 bis 20 000 Menschen, in den Wochen zuvor waren es der Organisation "Durchgezählt" zufolge meist um die 7000. Viele Demonstranten stammen aus der Stadt oder aus der näheren Umgebung. Andererseits gibt es auch eine Art "Pegida-Tourismus", Aktivisten reisen aus Ostdeutschland und teilweise aus dem ganzen Bundesgebiet an. Pegida-Ableger in anderen Städten kommen nur auf einen Bruchteil an Teilnehmern.

In Leipzig etwa, wo die Bewegung noch vergleichsweise stark ist, kamen am 14. September circa 700 Personen. Wenn Pegida in Dresden demonstriert, finden in Leipzig mittlerweile oft gar keine Demonstrationen statt: Die Legida-Anhänger fahren dann lieber nach Dresden. In anderen Städten kamen immer schon sehr wenige Menschen, etwa in München. In Berlin floppte eine Demo gar ganz, es kamen nur drei Leute.

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Bundesweit sorgt Pegida aber auch für Aufsehen, weil mittlerweile eine ideologische Verbindung zu einigen Übergriffen hergestellt wird. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte etwa nach dem Anschlag auf die inzwischen gewählte Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, aufgrund der Pegida-Parolen empfänden sich "einzelne Fanatiker als Vollstrecker des 'gesunden Volksempfindens', wenn sie sogar Mordattacken gegen Vertreter der Demokratie planen und durchführen". Ähnlich äußerte sich Justizminister Heiko Maas (SPD): "Pegida sät den Hass, der dann zur Gewalt wird."

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Am 20. Oktober 2014 sind Pegida-Demonstranten zum ersten Mal auf die Straße gegangen. Hat das Bündnis zum Nachdenken angeregt oder nur Stimmung gegen Asylbewerber gemacht?

Mit einigen Ausnahmen: ja. Am 29. Dezember ließ Lutz Bachmann die Veranstaltung um des "Weihnachtsfriedens" willen ausfallen. Am 19. Januar 2015 verbot die Polizei alle Demonstrationen in Dresden wegen konkreter Anschlagsgefahr - angeblich gab es Morddrohungen gegen Lutz Bachmann. Die Kundgebung am 2. Februar sagten die Organisatoren aus ungenannten Gründen ab, wenige Tage zuvor hatten sich die Anführer der Bewegung zerstritten. Am 20. April ließen sie die Veranstaltung ebenfalls ausfallen - in der Woche zuvor hatte der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders nur ein Drittel der von den Organisatoren erhofften Teilnehmerzahl von 30 000 angelockt. Auch am 6. und am 20. Juli gab es keine Kundgebungen in Dresden - dafür in Leipzig beziehungsweise Chemnitz. Im August fanden aus unbekannten Gründen am 3., 17. und 31. keine Pegida-Demonstrationen statt.

Nach der größten Kundgebung am 12. Januar 2015, bei der auch eine Schweigeminute für die Opfer des Anschlags auf die Redaktion von Charlie Hebdo abgehalten wurde, kamen nach Polizeiangaben etwa 25 000 Menschen. Danach sank die Teilnehmerzahl rapide. Im Juni kamen etwa 2000 Demonstranten. Danach stieg die Zahl wieder an. Beim "Jahrestag" der Bewegung am 19. Oktober kamen laut Zählung der studentischen Initiative "Durchgezählt" 15 000 bis 19 000 Menschen.

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Gibt es Verbindungen zu deutschen Parteien?

Ja es gibt Verbindungen zu der nach ihrer Spaltung nach rechts gerückten Alternative für Deutschland (AfD). NRW-Landeschef Marcus Pretzell nannte die AfD vor Kurzem "Pegida-Partei". Ein guter Beleg für inhaltliche Gemeinsamkeiten sind die Demonstrationen in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt, zu denen der AfD-Landesverband in den vergangenen Wochen wiederholt aufgerufen hat. Fraktionschef Björn Höcke sprach auf einer Kundgebung, an der auch Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland teilnahm, unter Jubel von "niederträchtigen Attacken der Altparteien-Politiker". Diese Aussage kann man als Antwort auf SPD-Chef Sigmar Gabriel verstehen, der die rechten Pöbler vor Flüchtlingsunterkünften als "Pack" bezeichnet hatte. Pegida-Anhänger trugen auf einer Demo daraufhin eine Galgenattrappe, an der sie einen Strick für Gabriel sowie einen für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "reservierten". Gemeinsam ist der AfD und der Pegida-Bewegung außerdem die Kritik an den Medien. Höcke sprach von einer "einseitigen und verleumderischen Presseberichterstattung", die Pegida-Anhänger sind für ihren Slogan "Lügenpresse" bekannt.

Sowohl die AfD als auch die rechtsradikale NPD sehen in den Pegida-Demonstranten potenzielle Wähler. Das wiederum gefällt Pegida-Chef Lutz Bachmann überhaupt nicht. Er sagte, die "Karrieristen" der AfD versuchten, Pegida zu kapern. Bachmann hat angekündigt, eine eigene Partei gründen zu wollen. Das wiederum beunruhigt offensichtlich die in Umfragen wiedererstarkte AfD. Die Bundesvorsitzende Frauke Petry befürchtet die Spaltung konservativer Wählerschichten.

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Gibt es Verbindungen ins Ausland?

Im Frühjahr begrüßte Pegida-Chef Bachmann den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders als Demo-Gast, ein propagandistischer Erfolg für die Pegida. Allein schon deren Name - "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" - erhebt einen internationalen Anspruch. Doch ist Pegida zu einer europäischen Bürgerbewegung geworden? Einige Monate nach der ersten Dresdner Pegida-Demo kam es vor allem im deutschsprachigen Ausland ebenfalls zu Kundgebungen. Die österreichischen Rechtspopulisten von der FPÖ nannten Pegida eine "seriöse Bürgerbewegung", und auch in der Schweiz bildete sich ein Ableger.

Doch die "Gefällt mir"-Bekundungen auf den Facebook-Seiten in der Schweiz und in Österreich sind seit Jahresbeginn nicht mehr auffällig stark gestiegen. Erst mit dem neuerlichen Zulauf für die Dresdner Pegida wurden die Likes wieder etwas mehr, Dresden wird in Kommentaren als Vorbild gelobt. Umgekehrt gilt die Schweiz vielen deutschen Pegida-Anhängern als Sehnsuchtsort: Bauverbot für Minarette, Beschränkung der Zuwanderung, harte Asylgesetze.

Auf der jüngsten Dresdner Demo am Montag erschienen rechte Politiker aus Italien (Lega Nord), den Niederlanden, Tschechien, Polen sowie ein Mitbegründer der "English Defence League", die in Kontakt zur rechtsextremen British National Party und der rechtspopulistischen Ukip steht. Für Aufsehen sorgten die KZ-Äußerungen des rechtspopulistischen Schriftstellers Akif Pirinçci. Jemand von der Bekanntheit Marine Le Pens oder Wilders' war nicht dabei. Mediale Unterstützung erhielt die Pegida vom deutschen Ableger des russischen TV-Senders Russia Today, der die Veranstaltung in einem Livestream übertrug.

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